Doppelte StimmabgabenIst die Europawahl ungültig?
Millionen EU-Bürger konnten bei der Europawahl relativ einfach zwei Stimmen abgeben. Nach Einsprachen könnte die Wahl für verfassungswidrig erklärt werden.
Mehr als acht Millionen Europäer im wahlfähigen Alter hätten die Möglichkeit gehabt, zweimal ihre Stimme für das Europaparlament abzugeben. Deshalb ist die Wahl zum Europäischen Parlament eventuell verfassungswidrig. Nach 13 Einsprüchen beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestags wird nun überprüft, wie viele Wähler die Möglichkeit genutzt haben. Sollte sich ergeben, dass tatsächlich millionenfach doppelt abgestimmt wurde, «könnte dies zur Ungültigkeit der Wahl führen», sagte Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, dem «Spiegel».
Auch der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee sagt: «Die Legitimität der gesamten Europawahl steht infrage.» Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, hält die laxen Vorschriften für «rechtlich und politisch untragbar».
Di Lorenzo hatte auf das Problem aufmerksam gemacht
Grund für die Panne ist, dass das Kontrollsystem für jene Europäer, die in einem anderen EU-Staat als in ihrem Herkunftsland leben und sich dort zur Wahl registrieren, nicht umfassend funktioniert. «Zeit»-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hatte in der Sendung von Günter Jauch auf das Problem aufmerksam gemacht, als er gestand, dass er zwei Mal wählen war. Zu der Aufruhr nach seinem Bekenntnis sagte Giovanni di Lorenzo dem «Spiegel»: «Ich bin mir sicher, dass nach meiner Geschichte niemand mehr dem Irrtum aufsitzt, bei der Wahl zwei Stimmen abzugeben.»