England vs. PortugalStreitende Polizei behinderte Maddie-Suche
Die Suche nach Maddie McCann verlief von Beginn an chaotisch. Laut einem geheimen Bericht soll das «kolonialistische Auftreten» der Briten gegenüber der portugiesischen Polizei daran Schuld sein.
Der britischen Presse liegt ein brisanter Bericht vor: Laut einer Untersuchung des staatlichen Zentrums gegen Kindesmissbrauch (CEOP) ist die Suche nach der vermissten Madeleine McCann wegen der konkurrierenden Beziehung zwischen der britischen und der portugiesischen Polizei behindert worden.
Untersuchungsleiter Jim Gamble wurde 2009 durch den damaligen Innenminister Alan Johnson mit dem Bericht beauftragt, dessen Inhalt jedoch nie bekannt gemacht wurde - bis jetzt. Der TV-Sender Sky News hat erstmals Einblick in das Dokument erhalten.
Zu Beginn der Ermittlungen habe es eine «organisatorische Arroganz» gegeben, so der Bericht. Jede Behörde meinte, bei der Aufklärung des Falls «das Beste zu geben». Dies zog «Chaos und eine Art Wettkampf» nach sich. «Viele streckten ihre Hände hoch, teilweise nur um gesehen zu werden», lautet der Vorwurf Gambles.
«Kolonialistisches Verhalten» bei den Briten
Das sei nicht das einzige Problem gewesen: Das «kolonialistische Auftreten» der Briten habe zu Reibereien mit den Ermittlern in Portugal geführt. «Ich habe keine Zweifel, dass dieser erste Eindruck einen langfristigen, negativen Effekt auf die Ermittlungen gehabt hat», schreibt Gamble im Bericht.
Der Leiter des CEOP erhebt auch schwere Vorwürfe gegen die portugiesische Polizei: «Zu Beginn waren deren Ermittlungen chaotisch und planlos. Sie hatten keine Struktur.» Offenbar soll schnell festgelegt worden sein, dass «als erstes die Eltern verdächtigt werden», schrieb Gamble.
Die Portugiesen seien darum von mehreren britischen Stellen gebrieft worden: «Das hat nicht geholfen», meint der Experte hinsichtlich der Beziehungen zwischen den britischen und portugiesischen Teams.
Obwohl der Untersuchungsbericht nie veröffentlicht wurde, hatte er für die McCanns positive Folgen: Die Metropolitan Police entschied aufgrund dieser Untersuchung den Fall im Jahr 2010 neu aufzurollen.
Wie die «International Business Times» schreibt, habe Gamble am Schluss seines Berichts eine Empfehlung abgegeben, die allerdings bis heute nicht umgesetzt wurde: Der CEOP-Leiter schlug vor, ein nationales Zentrum für vermisste Kinder aufzubauen, um in Zukunft koordinierter vorzugehen.
Neue Ermittlungen
Die Tageszeitung «Correio da Manhã» berichtet, Scotland Yard plane «neuerliche Verhöre von Verdächtigen» in Portugal. Unter anderem sollen demnach erneut mehrere frühere Angestellte der Hotelanlage in Praia da Luz vernommen werden, aus der Maddie McCann am 3. Mai 2007 verschwunden war.
Madeleine McCann war kurz vor ihrem vierten Geburtstag aus dem Hotelzimmer der Familie verschwunden, während ihre Eltern in einem Restaurant in der Nähe zu Abend assen. Die Polizei vermutet eine Entführung als Hintergrund, schliesst aber auch andere Möglichkeiten nicht aus.