Merkel abgehört?Deutschland beruft den US-Botschafter ein
Hat die NSA das Handy von Angela Merkel abgehört? Die USA dementieren, doch die Wogen in Deutschland gehen hoch. So hoch, dass der US-Botschafter jetzt zitiert wurde.
Jetzt kriegt der US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, etwas zu hören: Aus Protest gegen die mutmasslichen US-Spähangriffe auf das Handy der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hat Aussenminister Guido Westerwelle den amerikanischen Botschafter einbestellt.
Das Auswärtige Amt bestätigte einen entsprechenden Bericht von Spiegel Online: «Es trifft zu, dass der amerikanische Botschafter zu einem Gespräch mit Aussenminister Westerwelle für heute Nachmittag einbestellt wurde», sagte die Sprecherin. John B. Emerson werde «die Position der Bundesregierung deutlich dargelegt werden».
Die Bundesregierung war Hinweisen nachgegangen, wonach durch den US-Geheimdienst NSA auch ein Mobiltelefon der Kanzlerin ausgespäht wurde. Diese Hinweise erwiesen sich als so konkret, dass die Kanzlerin deshalb am Mittwoch mit US-Präsident Barack Obama telefonierte.
Merkel forderte dabei, solche Überwachungspraktiken «unverzüglich» zu unterbinden. Sie sprach von einem «gravierenden Vertrauensbruch». Obama versicherte der Kanzlerin, ihre Kommunikation werde nicht überwacht, doch blieb offen, ob dies womöglich in der Vergangenheit der Fall war.
Bundestag wird aktiv
Auch der Bundestag wird sich mit der mutmasslichen Überwachung von Merkels Handy beschäftigen. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Parlaments, Thomas Oppermann (SPD), teilte am Donnerstag in Berlin mit, er habe kurzfristig für 14 Uhr eine Sondersitzung einberufen.
«Wer die Kanzlerin abhört, der hört auch die Bürger ab», erklärte Oppermann. Das geheim tagende PKG ist für die Kontrolle von Geheimdienst-Aktivitäten zuständig. Oppermann erklärte weiter, er sehe durch den aktuellen Vorgang eigene Befürchtungen wegen der Abhörpraktiken vor allem der NSA bestätigt.
«Die NSA-Affäre ist nicht beendet. Die Aufklärung steht erst am Anfang», widersprach der SPD-Politiker zudem früheren Einschätzungen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU). «Die Überwachungstätigkeit der NSA ist völlig aus dem Ruder gelaufen und befindet sich offenbar jenseits aller demokratischen Kontrolle», fügte Oppermann hinzu.