Snowden-AffäreFrankreich bedauert Flugstopp für Morales
Die französische Regierung hat sich für die ungeplante Zwischenlandung des bolivianischen Präsidenten Evo Morales entschuldigt. Dessen Maschine soll einen Defekt gehabt haben. Morales ist nun aber zurück in seiner Heimat.

Indigene Bolivianer protestieren vor der französischen Botschaft in La Paz.
Frankreich hat die Probleme bei den Überflugrechten für das Flugzeug von Boliviens Präsident Evo Morales bedauert. Der französische Aussenminister Laurent Fabius habe sich bei seinem bolivianischen Kollegen David Choquehuanca telefonisch entschuldigt, teilte die Regierung in Paris am Mittwoch mit.
Morales musste auf seinem Heimflug aus Moskau in Wien zwischenlanden. Nach Gerüchten über eine angebliche Mitreise des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden hatten offenbar mehrere EU-Staaten ihren Luftraum für die Maschine gesperrt.
«Widersprüchliche Informationen»
Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, es habe «widersprüchliche Informationen» über die Passagiere an Bord gegeben. Als er aber erfahren habe, dass es das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten gewesen sei, habe er unverzüglich die Überfluggenehmigung erteilt, sagte Hollande in Berlin.
Auch Spanien, Italien und Portugal sollen nach bolivianischen Angaben den Überflug von Morales' Flugzeug blockiert haben. Nach einer fast 13-stündigen Zwangspause in Wien konnte der bolivianische Staatschef am Mittwoch seinen Flug fortsetzen. Aus technischen Gründen legte die Maschine einen weiteren Zwischenstopp auf den kanarischen Inseln ein.
Inzwischen ist Morales in seiner Heimat Bolivien gelandet. Bei der Ankunft in der Hauptstadt La Paz wetterte er vor rund hundert Anhängern gegen die USA, die er für seinen 14-stündigen Stopp auf dem Wiener Flughafen verantwortlich machte. «Es ist eine offene Provokation des gesamten Kontinents, nicht nur des Präsidenten», sagte Morales in der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit). «Ich bedauere das, aber ich muss sagen, dass sich einige europäische Länder vom nordamerikanischen Imperialismus befreien sollten», sagte er.
Wegen Defekt gelandet?
Österreichische Medien berichteten unterdessen, dass der Pilot der Präsidentenmaschine wegen einer defekten Treibstoffanzeige um Landeerlaubnis gebeten habe. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender ORF2 strahlte in den Abendnachrichten Aufzeichnungen des Funkverkehrs zwischen dem Wiener Tower und dem Piloten aus.
Bolivien warf den USA vor, hinter der Verweigerung der Überflugrechte zu stehen. Offenbar sei Washington überzeugt gewesen, dass sich Snowden an Bord befunden habe, sagte Choquehuanca dem Fernsehsender Telesur.
Kritik in Lateinamerika
Der Umgang mit Morales hatte in mehreren lateinamerikanischen Ländern für Empörung gesorgt. «Das ist eine Demütigung einer Schwesternation und des südamerikanischen Kontinents», sagte die argentinische Präsidentin Christina Fernández. Die Umleitung des Flugzeugs des bolivianischen Präsidenten sei ein «Überrest des Kolonialismus, den wir glaubten komplett überwunden zu haben». Nach Angaben des bolivianischen Vizepräsidenten Álvaro García ist für den heutigen Donnerstag ein Treffen einer Reihe linksgerichteter Staatschefs zu dem Vorfall geplant.
Ecuadors Aussenminister Ricardo Patino sagte, die Präsidenten von Argentinien, Venezuela, Peru, Ecuador, Bolivien, Suriname und möglicherweise Uruguay kämen am Donnerstag zu einem Treffen im bolivianischen Cochabamba zusammen, um über den Fall zu sprechen. Auch die Union Südamerikanischer Staaten (UNASUR) plante eine Dringlichkeitssitzung.
Ein Fall ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte
Luftfahrtexperten sagten, den Überflug eines Präsidentenjets zu verhindern und selbst dessen Durchsuchung sei nach Völkerrecht möglich, aber ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte. Das bolivianische Aussenministerium bestellte unterdessen die Botschafter Frankreichs und Portugals ein.
Grund für das Festhalten Morales' war der Verdacht, dass der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden an Bord seiner Maschine war. Dies war jedoch nicht der Fall. Die US-Justiz wirft dem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Spionage vor. Snowden hatte vertrauliche Informationen zu den Spähprogrammen der US-Geheimdienste publik gemacht, welche vor allem in Europa für Entrüstung sorgten. Seit Ende Mai befindet sich der 30-Jährige auf der Flucht, zuletzt soll er sich auf einem Moskauer Flughafen aufgehalten haben. (pbl/jam/sda)