Präsidenten-Gattin will keine First Lady sein

Aktualisiert

Nach Ägypten-WahlPräsidenten-Gattin will keine First Lady sein

Die Frau des neuen ägyptischen Präsidenten Mursi ist der krasse Gegenentwurf zu ihrer Vorgängerin Suzanne Mubarak. Sie gilt als konservative, fromme Muslima.

von
Aya Batrawi
dapd
Möchte lieber Umm Ahmed genannt werden, die Mutter von Ahmed, als First Lady: Naglaa Ali Mahmud.

Möchte lieber Umm Ahmed genannt werden, die Mutter von Ahmed, als First Lady: Naglaa Ali Mahmud.

Die neue ägyptische First Lady Naglaa Ali Mahmud und ihre Vorgängerin Suzanne Mubarak haben zumindest eines gemeinsam: Beide sahen ihre Ehemänner und Söhne hinter Gittern sitzen. Das dürfte es an Ähnlichkeiten aber auch gewesen sein.

Der Frau des gestürzten Staatschefs Hosni Mubarak wurde häufig vorgeworfen, sie sei eitel, aufgeblasen und willensstark etwa darin, dass sie ihren Sohn Gamal als Nachfolger installieren wolle. Wenn ihr Erscheinen anstand, wurden für teures Geld Strassen befestigt und Blumen gepflanzt - zuweilen auch nur vorübergehend, wenn sie zu kurzen Stippvisiten in Universitäten oder Parks erwartet wurde.

Die Frau des gewählten Präsidenten Mohammed Mursi jedoch ist eine konservative, fromme Muslima, die Kopftuch trägt und äusserst bescheiden scheint. Sie lehnt Ehrentitel ab und möchte nicht einmal First Lady heissen. «Ich möchte als Frau des Präsidenten bezeichnet werden», sagt sie in einem Telefongespräch. «Wer sagt überhaupt, dass die Frau des Präsidenten die First Lady ist?» Lieber würde sie Umm Ahmed genannt werden, sagt sie, die Mutter von Ahmed - so heisst ihr ältester Sohn. Ein solch traditioneller Rufname klingt manch modernem Ägypter wohl zutiefst altmodisch. Wenn sie schon einen Titel haben müsse, dann hätte sie nichts gegen die «erste Dienerin» des Volkes.

Kritik an frommer «Uniform»

Ihr bisheriges Auftreten ist ein krasser Unterschied zu dem der Mubaraks, deren korruptes System eine Elite von Geschäftsleuten und Parteifunktionären reich machte und die Hälfte des 85-Millionen-Volks in Armut strampeln liess. Mursi und seine Söhne sassen unter Mubarak im Gefängnis, wie viele Mitglieder der damals verbotenen Muslimbruderschaft . Doch jetzt ist, wie es in einem ägyptischen Sprichwort heisst, die Pyramide auf den Kopf gestellt. Mursi ist der erste frei gewählte Präsident des modernen Ägyptens, der erste Zivilist und der erste Islamist. Der 84-jährige Mubarak ist zu lebenslanger Haft verurteilt, seine Söhne Alaa und Gamal sitzen in Untersuchungshaft.

Mursis Frau bemühte sich von Anfang an um Abgrenzung zu ihren Vorgängerinnen Dschehan Sadat und Suzanne Mubarak - beide Universitätsabsolventinnen, tadellos gekleidet und frisiert, beide Töchter britischer Mütter. Die 50-jährige Umm Ahmed trägt Brille, hat nur einen Oberschulabschluss und arbeitete einmal als Übersetzerin, als sie mit ihrem Mann in den USA lebte. Kaum steht sie im Scheinwerferlicht, schon wird an ihrem Erscheinungsbild herumgemäkelt.

So konservativ und unauffällig wie sie kleidet sich die grosse Mehrheit der Frauen in der Provinz und in der Stadt. Die Art, wie sie das Kopftuch trägt - eng ums Gesicht, und weit über die Schultern fallend - gilt der Oberschicht als das Gegenteil von Eleganz. Der schwarze Mantel, wie ihn die meisten Anhängerinnen der Muslimbruderschaft tragen, und der Verzicht auf Schminke und Nagellack sind ein weiterer Ausweis frommer Gesinnung. Kritiker befürchten, dass die fromme «Uniform» aus Hidschab und Abaja klar machen soll, wie muslimische Mädchen sich zu kleiden haben.

«Eine Ehefrau, die ihre Grenzen kennt»

Die Öffentlichkeit wird darauf achten, ob Umm Ahmed ausländische Gäste empfängt, mit oder ohne ihren Mann an Veranstaltungen teilnimmt, und ob sie zu förmlichen Anlässen ihren Stil ändert. Möglicherweise engagiert sie sich lieber für wohltätigen Zwecke als auf Reisen und dem diplomatischen Parkett. Ganz so öffentlichkeitsscheu wie Frauen anderer Staatsmänner in konservativ-islamischen Ländern ist sie indes nicht. Sie hat schon einige Interviews gegeben, sich mit Angehörigen getöteter Demonstranten getroffen und an Wahlkampfveranstaltungen ihres Mannes teilgenommen.

Ihren Cousin Mursi heiratete sie schon mit 17 Jahren. Ring und Mitgift seien «schlicht» gewesen, sagte sie dem Frauenmagazin «Nos al Donia». Finanzielle Überlegungen hätten keine Rolle gespielt: «Was mich zu ihm hinzog, war der Eindruck, dass er ein verantwortungsbewusster Mann ist, der mich beschützen wird.» Sie zog zu ihm nach Los Angeles, wo Mursi Ingenieurswesen studierte. Zwei ihrer fünf Kinder wurden in den USA geboren, wo das junge Ehepaar auch zur Muslimbruderschaft stiess. In dem Interview berichtete sie, wie Jahre später in Ägypten ihr Mann und ihr Sohn als Mitglieder der verbotenen Organisation verhaftet wurden, schildert aber auch ein ganz normales Familienleben mit Fernsehabenden und Strandausflügen.

Fatema Abuseid, eine junge Anhängerin der Muslimbrüder, findet Umm Ahmed bescheiden und umgänglich. «Sie ist nicht eingebildet, und selbst wenn Leute gut über ihren Mann sprechen, sagt sie nur : ‹Gott sei Dank›.» Sie gehe ganz anders mit Menschen um als ihre Vorgängerin, mische sich unter die Leute und rede ganz normal. «Sie ist eine von uns», sagt Azza al Gharf, eine frühere Abgeordnete der Bruderschaft. «Sie ist eine wahre ägyptische Frau. Sie steht voller Hingabe zu ihrem Mann», sagt al Gharf. «Als Muslimbruderschaft wollen wir nicht noch eine First Lady für Ägypten. Wir wollen eine Ehefrau, die zu ihrem Mann steht, aber die ihre Grenzen kennt.»

Mursi legt Amtseid auf Kairoer Tahrir-Platz ab

Einen Tag vor seiner geplanten Vereidung hat Ägyptens gewählter Präsident Mohammed Mursi entgegen der Anordnung des regierenden Militärrats auf dem Kairoer Tahrir-Platz dem Amtseid abgelegt. Zahlreiche Demonstranten forderten Mursi auf, den Eid auf dem Platz zu leisten. «Ich fürchte niemanden ausser Gott», sagte der Politiker vor zehntausenden Menschen.

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