Syrische Armee braucht Kinder als Schutzschilder

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Getötet und misshandeltSyrische Armee braucht Kinder als Schutzschilder

Der massive Truppenaufmarsch in der syrischen Stadt Heffa sorgt für Unruhe. Unterdessen hat die UNO Syrien erstmals auf die «Liste der Schande» gesetzt. Kofi Annan ist «tief besorgt».

Die UNO hat die Tötung, Folter und Misshandlung von Kindern durch syrische Soldaten und verbündete Milizen verurteilt. In der am Montag veröffentlichen jährlichen «Liste der Schande» über das Schicksal von Kindern in Konfliktgebieten berichtet die UNO über Folter mit glühenden Zigaretten oder Stromschlägen an den Genitalien.

In mehreren Fällen seien Kinder verschleppt und als menschliche Schutzschilde benutzt worden. Sie habe «selten solche Brutalität gesehen», wie sie die syrische Armee Kindern antue, sagte die UNO- Beauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Radhika Coomaraswamy, am Montag (Ortszeit) in New York.

Der UNO-Bericht erfasst Ermittlungen zu Vorfällen bis einschliesslich März 2012. «Sogar Neunjährige wurden Opfer von Tod und Verstümmelung, willkürlicher Festnahme, Haft, Folter und Misshandlung einschliesslich sexueller Gewalt», heisst es.

In dem Dorf Ayn l'Arus wurden laut Augenzeugen im März mehrere Dutzend Kinder zwischen acht und 13 Jahren von Soldaten und Milizen bei einer Razzia des Dorfes vor die Fenstern der Busse gestellt worden, in denen Truppen sassen.

Aufseiten der Aufständischen gebe es «einige glaubwürdige Vorwürfe», dass die Freie Syrische Armee (FSA) und andere Gruppen Kinder rekrutierten. Diese seien mit Waffen und in Tarnkleidung gesehen worden, hiess es unter Berufung auf «verschiedene Quellen» in dem Bericht. Die FSA hat nach eigenen Angaben eine Altersgrenze von 17 Jahren.

Ban Ki Moon schlägt Alarm

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon schlug Alarm wegen der zunehmenden Gewalt in Syrien. Die UNO sowie Frankreich und die USA befürchteten ein neues Massaker in der von der Armee umstellten strategisch wichtigen Stadt Haffe.

Die Regierungstruppen griffen die Stadt in der nordwestlichen Provinz Latakia am Dienstag mit Panzern und Kampfhelikoptern an. Durch die Kämpfe sind Zivilisten in der Stadt eingeschlossen.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ungehinderten Zugang zu der Stadt für die UNO-Beobachter. Am Dienstag erklärte ein Sprecher der UNO-Beobachter allerdings, die Lage in Haffe sei für sie zu gefährlich.

Ban erklärte in New York, die Beobachter hätten eine Ausweitung der Kämpfe festgestellt. Auf beiden Seiten sei eine Änderung der Strategie zu beobachten: Der verstärkte Beschuss von Rebellen- Hochburgen durch das Militär habe zu zahlreichen Opfern in der Zivilbevölkerung geführt. Zugleich gehe die Opposition vermehrt zu koordinierten Attacken auf Regierungstruppen über.

SNC verlangt Reaktion von UNO-Sicherheitsrat

Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) warf der Regierung Assads vor, ihre «Politik des Terrors gegen das syrische Volk zu steigern», während die internationale Gemeinschaft von «Schwäche und Zögern» geprägt sei.

Der SNC forderte den UNO-Sicherheitsrat und insbesondere die Vetomächte Russland und China auf, «ihrer Verantwortung nachzukommen und auf die Verbrechen gegen Zivilisten in Syrien zu reagieren». Russland und China haben bereits zwei Resolutionen des UNO- Sicherheitsrats zur Verurteilung der Gewalt in Syrien blockiert.

Allein am Montag kamen laut syrischen Aktivisten landesweit mehr als 100 Menschen ums Leben. Die meisten Todesopfer habe es in der Provinz Homs, den Städten Haffe und Latakia sowie in Deir al-Sur im Osten gegeben. Am Dienstag wurden bei neuen Angriffen laut der Opposition mindestens 30 Menschen getötet, darunter auch Kinder.

Bei dem seit 15 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Präsident Baschar al- Assad sind laut UNO mehr als 10 000 Menschen getötet worden. Ein vom Syrien-Gesandten der UNO und der Arabischen Liga, Kofi Annan, vorgelegter Friedensplan wird nicht eingehalten.

(sda)

Herrscherpaar beschäftigte kostspielige PR-Berater

Syriens Präsident Baschar al-Assad und seine Frau haben nach Angaben der «New York Times» Werbeagenturen in den USA und Europa beschäftigt, um positiv in westlichen Medien dargestellt zu werden.

So porträtierte die Zeitschrift «Vogue» Asma al-Assad noch im März 2011 in einem Artikel als modebewusste und weltoffene Frau. Im gleichen Monat begann das Regime mit der blutigen Niederschlagung der Protestbewegung seiner Bürger.

Die New Yorker PR-Agentur Brown Lloyd James bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am Montag, dass Syriens First Lady sie für «logistische» Absprachen mit «Vogue» bezahlt habe. Der Vertrag sei Ende 2010 ausgelaufen, sagte ein Sprecher der Agentur, Marc Smrikaroz, der dpa.

Nach Angaben der Zeitung hatten PR-Berater von Brown Lloyd James zuvor auch den Clinton- und Bush-Regierungen zur Seite gestanden. Das Londoner Werbeunternehmen Bell Pottinger, zu dessen Kunden einmal die britische Regierungschefin Margaret Thatcher gehörte, wurde nach dem Bericht ebenfalls von den Assads zu Rate gezogen.

Bald darauf sei eine Reihe von Artikeln über Asma al-Assad in «Paris Match», der französischen «Elle» und der amerikanischen «Huffington Post» erschienen, hiess es weiter. «Paris Match» nannte die bildschöne und gebildete First Lady «ein Lichtelement in einem schattenreichen Land».

Das Magazin «Vogue» zog den Artikel über Syriens First Lady vom März 2011 inzwischen online zurück. Chefredakteurin Anna Wintour verurteilte das grausame Vorgehen der Assad-Regierung gegen die eigene Bevölkerung am Sonntag in einer Erklärung.

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