Entführungen, Folter und Mord auf der Krim

Publiziert

Amnesty InternationalEntführungen, Folter und Mord auf der Krim

Auf der ukrainischen Halbinsel Krim herrscht ein Klima der Angst. Das sagt Amnesty International ein Jahr nach der Annexion der Region durch Russland.

von
kmo
Ein Jahr nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland prangert Amnesty International im März 2015 die Menschenrechtslage auf der Krim an. Eines der Opfer ist Andrij Schekun, Direktor der Organisation Ukrainisches Haus.
Schekun wurde laut eigenen Angaben von prorussischen Milizionären gefangenen genommen, elf Tage festgehalten und dabei mit Elektroschocks malträtiert, bevor er dem ukrainischen Militär übergeben wurde.
Sein Verbrechen: Er war vor einem Jahr gegen das Referendum, mit dem über die Annexion der Krim durch Russland abgestimmt wurde.
1 / 6

Ein Jahr nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland prangert Amnesty International im März 2015 die Menschenrechtslage auf der Krim an. Eines der Opfer ist Andrij Schekun, Direktor der Organisation Ukrainisches Haus.

Keystone/AP/Efrem Lukatsky

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) legt einen Bericht über die Lage auf der Halbinsel Krim vor. Ihre Bilanz ist verheerend. Laut AI wurden zahlreiche Kritiker entführt und gefoltert, ohne dass die neue Regierung sichtbar Ermittlungen führe. Mindestens ein entführter Oppositioneller sei später tot aufgefunden worden.

«Die Haltung der De-facto-Regierung und ihrer russischen Meister lässt sich leicht zusammenfassen: ‹Mag es, verschwinde oder halt den Mund›», sagte Amnestys Direktor für Europa und Zentralasien, John Dalhuisen, bei der Vorstellung des Berichts.

Toter mit Folterspuren

Mindestens sieben Menschen seien entführt worden. Ihr Schicksal sei unbekannt, heisst im Bericht. Das Verschwinden von drei Krim-Tataren dokumentierte die Menschenrechtsorganisation selbst.

Unter ihnen ist Reschat Ametow, ein 39-Jähriger, der laut dem AI-Bericht während einer Demonstration im vergangenen März verschleppt wurde. Seine Leiche wurde später mit Folterspuren aufgefunden, niemand sei dafür zur Rechenschaft gezogen worden, so Amnesty International.

Andrij Schekun, Direktor der Organisation Ukrainisches Haus, wurde von prorussischen Milizionären gefangen genommen, elf Tage festgehalten und dabei mit Elektroschocks malträtiert, bevor er dem ukrainischen Militär übergeben wurde (siehe auch Diashow oben). Drei weitere Mitglieder der Organisation blieben vermisst.

«Die De-facto-Regierung sagt uns, sie ermittle in allen Fällen von Verschleppungen und Folter», sagte Dalhuisen. «Aber wir haben dafür keinen einzigen konkreten Nachweis.»

Medien zum Schweigen gebracht

Um Medien zum Schweigen zu bringen, werde ein «Klima der Angst» geschaffen, schreiben die Amnesty-Aktivisten weiter. Vor anderthalb Monaten seien 30 bewaffnete und maskierte Mitglieder einer Spezialeinheit in die Büros des Tataren-Senders ATR eingedrungen, hätten den Sendeabbruch erzwungen und Dokumente der vergangenen elf Monate beschlagnahmt.

Mehrere Journalisten und Blogger hätten die Krim längst verlassen. Die Nachrichtenagentur QHA der Krim-Tataren habe bis heute keine neue Lizenz erhalten.

Es gebe derzeit offenbar nur wenig Motivation in der internationalen Gemeinschaft, Russland zur Rückgabe der Krim an die Ukraine zu drängen, sagte Dalhuisen. «Aber sie sollte doch mindestens mehr Druck auf Russland ausüben, damit die Rechte aller Bürger der Krim respektiert werden.» (kmo/sda)

Deine Meinung zählt