Zweites TV-DuellObama siegt nach Punkten, Romney lauert
In der kämpferischen zweiten TV-Debatte landete Barack Obama einige Volltreffer auf dem Kinn von Mitt Romney. Ob er den Schwung des Herausforderers stoppen konnte, ist unklar.
Die zweite Runde der drei TV-Duelle zwischen den beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaft wirkte über weite Strecken wie ein Boxmatch. Präsident Barack Obama und Herausforderer Mitt Romney gingen auf einer runden Bühne angriffig aufeinander los, so als wären sie Schwergewichtler in einem Boxring. Immer wieder fielen sie sich gegenseitig ins Wort, und mehrmals gerieten sie gefährlich nahe aneinander. «Einmal fürchtete ich wirklich, sie würden sich zu schlagen beginnen», sagte nachher die Debattenleiterin Candy Crowley vom Fernsehsender CNN.
In der Debatte an der Hofstra-Universität in Long Island ausserhalb von New York amteten rund 80 Bürgerinnen und Bürger als Fragesteller. Doch oft interessierten sich die zwei Kontrahenten mehr dafür, wie sie sich gegenseitig unwahre Behauptungen vorwerfen konnten. «Das ist einfach nicht wahr», sagte der Präsident auf die Behauptung, unter ihm werde in den USA weniger Öl gefördert als vorher. «Es stimmt», gab Romney trotzig zurück. Es ging hin und her wie auf einem Pausenplatz.
46% der Wähler sahen Obama als Sieger
Die erhöhte Aggressivität gründete vor allem darin, dass Obama vor zwei Wochen in einer ersten Debatte nach übereinstimmendem Urteil der meisten Beobachter versagt hatte. In der Folge schloss Massachusetts' Ex-Gouverneur Mitt Romney in Umfragen praktisch zum Präsidenten auf, und Barack Obama sah sich vor der schwierigen Aufgabe, seiner lahmenden Kampagne neuen Schwung zu verleihen.
Der Gegenschlag scheint dem Präsidenten unter dem Strich gelungen zu sein. In ersten Reaktionen gab eine Mehrheit von Beobachtern dem Präsidenten den Sieg nach Punkten. Diesen Eindruck bestätigte eine Blitzumfrage des Fernsehsenders CNN, wonach 46 Prozent der registrierten Wähler nach der Debatte Obama zum Sieger erklärten. Für Romney sprachen sich nur 39 Prozent aus.
Effekt der Debatte unklar
Wie sich die Debatte auf die kleine, aber wichtige Gruppe unentschiedener Wählerinnen und Wähler auswirkt, ist hingegen weniger klar. Dem Punktesieg Obamas steht entgegen, dass in der gleichen Umfrage eine Mehrheit erklärte, dass Romney bei den Themen der Wirtschaft, des Gesundheitswesens und der Steuern die besseren Antworten gebe als Obama. Zudem ist denkbar, dass die aggressive Debattentaktik der beiden Männer diese heikle Wählergruppe vor den Kopf gestossen hat. Dann bliebe der Effekt der Debatte auf den Wahlkampf möglicherweise klein.
Die Parteifreunde der zwei Kandidaten konnten nach der Debatte gleichermassen behaupten, ihr jeweiliger Schützling habe gewonnen. Obama zeigte Siegeswillen, und es gelang ihm, Romney als Lügner zu brandmarken, der die Reichen bevorzuge. In seinen Schlussbemerkungen brachte er wirkungsvoll die Zahl der 47 Prozent Amerikaner ein, die Romney in einer Ansprache im Mai als Schmarotzer bezeichnet hatte.
Obamas Hypothek: die Wirtschaft
Obama hatte mehrfach gute Repliken auf Lager. Einmal wollte ihn Romney mit dem Hinweis in die Enge treiben, dass auch die Pensionskasse des Präsidenten Investitionen in chinesische Firmen tätige. «Haben Sie ihre Pension einmal angeschaut?», fragte Romney provozierend. Knochentrocken gab Obama zurück: «Ich schaue meine Pension nicht an. Sie ist kleiner als Ihre.»
Auch Romney hatte gute Momente. Die Fragen drehten sich unter anderem um die Themen Jugendarbeitslosigkeit, Energiepolitik, Steuerreform, Ungleichheit, Einwanderung und Präsident George W. Bush. Aber bei praktisch jeder Frage gelang es Romney, Obama den miserablen Zustand der Wirtschaft um die Ohren zu schlagen. Der Ex-Gouverneur nutzte die Debatte auch besser, um positiv in die Zukunft zu blicken. Obama befand sich öfter in der Defensive; ihm gelang es weniger gut, eine Vision für seine zweite Amtszeit zu entwerfen.
Minutiös auf die Debatte vorbereitet
Republikaner zeigten sich enttäuscht darüber, dass Romney beim einzigen aussenpolitischen Thema nicht zu punkten vermochte. Er hatte vorgehabt, Obama im Zusammenhang mit dem Überfall auf das US-Konsulat in der ostlibyschen Stadt Bengazi zu kritisieren, bei dem am 11. September der Botschafter und drei Mitarbeiter getötet wurden. Doch es gelang Romney nicht, seinen Vorwurf effektvoll zu landen. Im Gegenteil, es unterlief ihm ein peinlicher Fauxpas: Obama habe nach dem Anschlag nicht von einem «Terrorakt» gesprochen. Doch genau dies hatte der Präsident getan, wie auch Moderatorin Crowley umgehend bestätigte.
Das gute Abschneiden Obamas rührte zweifellos auch daher, dass sich der Präsident intensiv auf das Duell vorbereitet hatte. Er setzte das ganze Wochenende und den Montag dafür ein, in einem Debattencamp in Williamsburg, Virginia, Antworten auf mögliche Fragen der Zuschauer einzuüben. Wie schon vor der ersten Debatte wurde die Rolle Romneys von Senator John Kerry gespielt; jene der Moderatorin Candy Crowley übernahm die frühere Kommunikationsdirektorin im Weissen Haus, Anita Dunn.
Wie man auf einem Barhocker Platz nimmt
Auch Mitt Romney büffelte im Vorfeld des Zweikampfs. Angeblich wandte der Ex-Gouverneur in den vergangenen zwei Wochen fünf Tage fürs Training auf. Am Sonntag und Montag unterzog er sich Hauptproben in einem Hotel in Burlington, Massachusetts. Den Gegenspieler mimte Senator Rob Portman aus Ohio. Wie CNN berichtete, übte Romney sogar, wie man auf einem Barhocker telegen Platz nimmt - als abstinenter Mormone hat er auf diesem Feld wenig Erfahrung.
Am Ende entsprach das Ergebnis der Debatte den Erwartungen vieler Zuschauer. Nach einer Umfrage des Pew-Instituts vom Wochenende erwarteten 41 Prozent der Amerikaner, dass Obama die Debatte gewinnen würde. Einen Sieg Romneys sahen 37 Prozent voraus.
Das ganze TV-Duell
(Quelle:YouTube/alienspacejockeyhd)
Die Highlights des zweiten TV-Duells
(Quelle: YouTube/OldervsYounger)
Romney attackiert Obama wegen Bengasi-Attacke
(Quelle:YouTube/Charlie Spiering)
Blitzumfragen sehen Obama als Gewinner
Barack Obama hat die zweite TV-Debatte gegen seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney Blitzumfragen zufolge gewonnen. 46 Prozent der Befragten sahen Obama laut einer Umfrage des Nachrichtensenders CNN als Sieger des Duells, 39 Prozent Mitt Romney. Auch nach einer Umfrage von CBS News behielt Obama mit 37 zu 30 Prozent die Oberhand.
Fast drei Viertel der Zuseher der Debatte waren laut der CNN-Umfrage der Meinung, dass Obama sich besser geschlagen hatte als erwartet. Bei Romney war nur jeder Vierte dieser Meinung. Nahezu jeder Dritte schätze die Leistung des Republikaners hingegen schlechter ein als erwartet, bei Obama nur jeder Zehnte.
In der CBS-News-Umfrage attestierten 55 Prozent der Zuseher Obama, direkt auf die Fragen geantwortet zu haben, bei Romney waren es 49 Prozent.
Für ihre Umfrage holten CNN und das Umfrageinstitut ORC International die Meinungen von 457 registrierten Wählern ein, die das TV-Duell gesehen hatten. Die Fehlerquote liegt bei 4,5 Prozent. CBS News befragte 525 unentschlossene Wähler. Die Fehlerquote bei der Umfrage des Senders liegt bei vier Prozent.
Obama und Romney fallen sich gegenseitig ins Wort
Bei ihrem zweiten TV-Duell sind sich US-Präsident Barack Obama und Ex-Gouverneur Mitt Romney mehrmals gegenseitig ins Wort gefallen. Nach seinem schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte gegen Romney vor zwei Wochen zeigte sich Obama am Dienstagabend (Ortszeit) von einer deutlich aggressiveren Seite. Beim Thema Energiepolitik wies Obama an einer Stelle eine Äusserung seines Herausforderers Romney scharf zurück und sagte: «Stimmt nicht, Gouverneur Romney.» Als der Präsident seine eigene Haltung zum Thema erläutern wollte, reagierte Romney mit den Worten: «Sie bekommen gleich Ihre Chance... ich rede noch.»
Herausforderin von Obama und Romney vor TV-Duell festgenommen
Die Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei in den USA, Jill Stein, und ihre Stellvertreterin sind im Vorfeld des zweiten TV-Duells zwischen Präsident Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney festgenommen worden.
Polizeiangaben zufolge versuchten Stein und die Grünen- Vizepräsidentschaftskandidatin Cheri Honkala, am Dienstag auf das Gelände der Hofstra University im US-Staat New York zu gelangen, wo das Fernsehduell zwischen Obama und Romney ausgetragen wurde. Den beiden Frauen wird Ruhestörung vorgeworfen.
In einer Erklärung der Grünen Partei hiess es, Stein und Honkala sowie einige Anhänger seien am Dienstagnachmittag (Ortszeit) auf den Campus der Hofstra University zugelaufen, als ihnen Polizisten entgegen gekommen seien.
Die beiden Politikerinnen hätten anschliessend eine improvisierte Pressekonferenz abgehalten, in der Stein die TV-Debatte als «Verhöhnung der Demokratie» kritisierte. An den TV-Duellen im Präsidentschaftswahlkampf der USA nehmen traditionell nur die Kandidaten der demokratischen und republikanischen Partei teil.