Fall AssangeDepeschen: USA wollen Assange
Aus diplomatischen Depeschen geht klar hervor, dass die USA die Auslieferung des Wikileaks-Gründers erwirken wollen, schreibt der australische «Sydney Morning Herald». Dies widerspricht der offiziellen Haltung.

Setzen sich für Julian Assange ein: Demonstranten vor dem britischen Konsulat in Sydney.
Laut «Sydney Morning Herald» (SMH) habe die australische Botschaft in Washington schon im Februar berichtet, dass «die amerikanische Untersuchung möglicher krimineller Handlungen von Mr. Assange» seit mehr als einem Jahr andauere. Die Botschaft nannte eine ganze Reihe möglicher Straftaten, von Spionage über Verschwörung bis Computerbetrug.
Der SMH hat die Dokumente aufgrund der Informationsfreiheitsgesetze erlangt. Die Depeschen seien allerdings wegen «nationaler Sicherheitsbedenken» massiv bearbeitet worden, und die Antworten der US-Diplomatie auf das Ansinnen der Australier, frühzeitig über allfällige Anklagen oder Auslieferungsanträge gegen ihren Bürger Assange unterrichtet zu werden, wurden gar nicht erst herausgegeben. Begründung: «Sie könnten die Beziehungen innerhalb des Commonwealth belasten.»
Entlarvendes Briefing
Australische Diplomaten hatten bereits im Dezember 2010 erstmals darum gebeten, über die Untersuchung gegen Assange frühzeitig unterrichtet zu werden, «damit unsere Minister entsprechend reagieren können». Gegen aussen hin spielte die australische Regierung die Affäre Assange aber immer herunter. Aussenminister Bob Carr erklärte noch im Juni beispielsweise, er glaube, «dass die USA das nicht anfassen wollen» und sagte wiederholt, er habe keinerlei Hinweise, dass die USA eine Auslieferung Assanges in Betracht ziehen würden.
Die von SMH eingesehenen Dokumente lassen allerdings einen anderen Schluss zu. In einem Briefing an Premierministerin Julia Gillard und Aussenminister Carr heisst es: Falls es Julian Assange irgendwie nach Australien zurück schaffe und sie gefragt würden, ob sie garantieren könnten, dass er als Australier nicht an die USA ausgeliefert werde, sollten sie einfach sagen, sie würden sich nicht äussern, bevor der Fall genau geprüft worden sei. Das deutet laut SMH auch darauf hin, dass die australische Regierung keine prinzipiellen Einwände gegen eine Auslieferung Assanges habe.
Aussenminister Carrs Büro erklärte auf Anfrage des SMH vom Freitag, das Asyl von Ecuador und Julian Assanges Lebensumstände seien eine Angelegenheit zwischen Ecuador, Grossbritannien und Schweden.
In einer Reaktion auf den Asylentscheid Ecuadors hatte das US-Aussenministerium exakt das gleiche gesagt und diese Haltung gestern noch einmal bestätigt.