«Allah, beschütze diese schöne Stadt»

Aktualisiert

Trauerfeier in München«Allah, beschütze diese schöne Stadt»

In München wurde der Opfer des Amoklaufes gedacht. Unter den Trauergästen war auch die Spitze der deutschen Bundespolitik. Die bewegendsten Worte fand eine Muslimin.

Dhahri Hajer vom Muslimrat München betet vor neun Kerzen, die symbolisch für die Opfer des Amoklaufs stehen.

Dhahri Hajer vom Muslimrat München betet vor neun Kerzen, die symbolisch für die Opfer des Amoklaufs stehen.

Johannes Simon

Mit bewegenden Appellen für Frieden und religiöse Toleranz haben bei einer ökumenischen Trauerfeier Angehörige, Vertreter aller Kirchen und Bürger der Opfer des Amoklaufs vom 22. Juli in München gedacht. Der Münchner Kardinal und Erzbischof Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm leiteten am Sonntagnachmittag gemeinsam die Feier im Münchner Liebfrauendom.

Da sieben der Getöteten Muslime waren, sprach auch eine Vertreterin des islamischen Glaubens ein Gebet. «Allah, wir bitten Dich um Hilfe für uns, unsere Menschlichkeit nicht zu verlieren», sagte Dhahri Hajer vom Muslimrat München. Alle Menschen seien Kinder Adams, betonte sie, unabhängig von Nationalität, Religion oder Hautfarbe.

Sie erinnerte an den Koran, in dem es sinngemäss heisse: «Wer einen Menschen tötet, so ist es, als ob er alle Menschen tötet.» An Allah richtete sie den bewegenden Appell: «Beschütze diese schöne Stadt und ihre Bewohner, beschütze Deutschland.» An dem Gottesdienst nahmen auch Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche und des Judentums teil.

Gauck und Merkel unter Gästen

Unter den Gästen waren unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Thomas de Maizière und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer.

Gauck rief Staat und Gesellschaft zum Zusammenhalt auf. «Eine Allianz von Staatsorganen und wacher, aktiver Bürgergesellschaft bleibt die beste Versicherung dagegen, dass das zynische Kalkül der Gewalttäter aufgeht», sagte der Bundespräsident.

Taten von Amokläufern und Terroristen dürften die Menschen nicht in immerwährende Furcht stürzen. «Wir werden nämlich bleiben, was wir sind: eine mitmenschliche, solidarische Gesellschaft.» Zugleich forderte er Wachsamkeit. Die Gesellschaft dürfe Menschen, die in Gewalt abzudriften drohten, nicht allein lassen.

Es müsse aber darüber nachgedacht werden, welche Ursachen Menschen, wie den Täter in München, zu derart mörderischen Taten trieben. Dabei stelle sich auch die Frage nach der Verantwortung. «Allzu schnelle Schlüsse verbieten sich», warnte er aber. Gauck forderte dazu auf, sich nicht in Verallgemeinerungen zu verlieren und eine differenzierte Sicht auf Taten und Täter zu bewahren.

Zeichen der Hoffnung

Der evangelische Landesbischof Bedford-Strohm sprach angesichts der Amoktat mit zehn Toten von der Notwendigkeit eines neuen Gottvertrauens: «Ein Vertrauen, das uns von der Lähmung in eine Freiheit führt.»

Er erinnerte an Zeichen der Hoffnung, die auch die Reaktion auf die schreckliche Tat gezeigt habe. Mit ihrer Hilfsbereitschaft unmittelbar nach dem Amoklauf hätten die Menschen gezeigt, dass man der Gewalt nicht hilflos ausgeliefert sei. «Hass und Gewalt werden keine Macht über unsere Herzen gewinnen» - wenn die Menschen füreinander da seien.

Nach der Trauerfeier im Dom war ein Trauerakt im bayerischen Landtag geplant, der von der Staatsregierung, der Stadt München und dem Landtag ausgerichtet wird. Dazu sind auch die Familien der neun Todesopfer eingeladen. (sda)

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