«Die Dschihadisten schauten ‹Teletubbies›»

Aktualisiert

Ex-Gefangener des IS«Die Dschihadisten schauten ‹Teletubbies›»

Der französische Journalist Nicolas Henin war zehn Monate lang Geisel der Terrormiliz Islamischer Staat. Er kam frei. Jetzt spricht er über seine Zeit in Syrien.

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Der französische Journalist Nicolas Henin war zehn Monate lang IS-Geisel. Er überlebte. Jetzt spricht er erstmals über seine Zeit in Gefangenschaft.
Die Dschihadisten hielten ihn von Sommer 2013 bis April 2014 fest. Dann kaufte ihn Frankreich offenbar frei. Hier sieht er seine Familie nach der Geiselhaft zum ersten Mal wieder.
Während seiner Gefangenschaft schrieb er im Geheimen ein Kinderbuch für seine fünfjährige Tochter mit dem Titel «Wird Papa Igel jemals heimkehren?».
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Der französische Journalist Nicolas Henin war zehn Monate lang IS-Geisel. Er überlebte. Jetzt spricht er erstmals über seine Zeit in Gefangenschaft.

Keystone/AP/Uncredited

Der französische Fotoreporter Nicolas Henin überlebte die Geiselhaft in Syrien: Zehn Monate fürchtete er in der Gewalt der IS-Terroristen um sein Leben. Die Dschihadisten hielten ihn von Sommer 2013 bis April 2014 fest.

Sieben Montate davon hatte er zusammen mit dem britischen Reporter James Foley verbracht, der schliesslich von «Jihadi John» enthauptet wurde. Henin hatte mehr Glück: Die französische Regierung zahlte den Geiselnehmern offenbar ein Lösegeld in Millionenhöhe. Er kam frei.

«Als Geisel bist du nur eine Marionette»

Mit der BBC sprach er nun erstmals über seine Zeit als IS-Geisel: Es sei sehr wichtig gewesen, mit den Geiselnehmern in Kontakt zu stehen, um Essen und Medizin zu erhalten. «Als Geisel bist du nur eine Marionette», sagte er. Aber: «Um Gnade zu bitten, ist das Schlimmste, was man machen kann», sagt er. «Das ist dumm, versuche es nie.»

Die Dschihadisten hätten nur wenig mit den lokalen arabischen und muslimischen Kulturen zu tun gehabt. Sie seien «Produkte unserer Kultur, unserer Welt». «Sie sprechen unsere Sprache, spielen dieselben Videospiele wie unsere Kinder und schauen die gleichen Filme wie wir», sagt Henin. Die Terroristen hätten sich von den «Teletubbies» bis «Game of Thrones» alles angeschaut.

IS-Kämpfer sind «zerbrechliche Menschen»

Viele der Dschihadisten seien nach Syrien gereist, um in dem seit vier Jahren wütenden Bürgerkrieg zu helfen, so seine Vermutung. Die IS-Anhänger seien jedoch «zerbrechliche Menschen». Sie würden dann gleich bei ihrer Ankunft zu schweren Verbrechen gedrängt.

Während seiner Gefangenschaft schrieb er gemeinsam mit dem ebenfalls vom IS gefangen genommenen französischen Journalisten Pierre Torres ein Kinderbuch für seine fünfjährige Tochter. Sie schrieben die Geschichte heimlich in der Nacht auf eine Käse-Verpackung. Der Titel: «Wird Papa Igel jemals heimkehren?»

Er habe sich selbst während der Zeit als IS-Geisel oft gewünscht, ein Igel zu sein: «Ich mochte die Idee, einen guten Schutz zu haben», sagt Henin, «obwohl der Schutz eines Igels absolut nutzlos ist.»

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