«So werden Kinder nicht behandelt»

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Skandalvideo«So werden Kinder nicht behandelt»

In Norditalien haben mehrere Polizisten einen zehnjährigen Jungen bei seiner Schule aufgegriffen und seinem Vater zugeführt. Das Video der spektakulären Aktion empört das ganze Land.

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Das Video, das am Mittwochabend in der Sendung «Chi l'ha visto?» auf RAI 3 ausgestrahlt wurde, eröffnete in Italien eine heisse Debatte über das Recht der Polizei, in einem Sorgerechtstreit zu handeln. Ein Gericht in Venedig hatte den Jungen dem Vater zugesprochen – und dieser liess ihn eines Morgens um 8.00 Uhr vor dem Schuleingang in Cittadella bei Padua mit Hilfe der Ordnungshüter aufgreifen.

Auf dem Video sieht man, wie mehrere Zivilbeamten den Zehnjährigen an Armen und Beine packen, um ihn wegzubringen. Das Kind wehrt sich. Es schreit um Hilfe. Schliesslich schaffen es die Männer, ihn in ein Auto zu zerren. Die Szene wird vom Vater beobachtet und von der Tante – Schwester der Mutter – gefilmt. Die Frau versucht die Polizisten zu stoppen - erfolglos: «So werden Kinder nicht behandelt».

Wie kam es so weit?

Der Vater erklärte den Medien, dass die Mutter seines Sohnes das Kind gegen ihn aufgehetzt habe. Obwohl das Gericht ihm den Jungen zugesprochen habe, dürfe er ihn nicht sehen. Jedes Mal, wenn er den Jungen abholen wollte, versteckte sich dieser unter seinem Bett. «Jetzt habe ich meinen Sohn gerettet», sagt der Vater stolz. «Meine Ex-Frau hat ihm beigebracht, mich und meine Familie zu hassen. Ich werde seit Jahren aus seinem Leben verbannt. Ist das fair? Darf eine Mutter ihr Kind so erziehen, dass es seinen eigenen Vater hasst?»

Die Familie der Mutter sieht den Fall anders: «Meine Tochter lebt seit sechs Jahren einen Albtraum», sagt Alfonso Giglione, Grossvater des Opfers. «Ihr Ex-Mann hat 23 Klagen gegen sie eingereicht. Der Sohn lebt bei ihr und will seinen Vater nicht sehen. Was hier passiert ist, ist einfach unglaublich.»

Wie weit darf die Polizei bei einem Sorgerechtstreit gehen?

Nun fragt sich ganz Italien, ob es in Ordnung sei, dass die Polizei mit solcher Gewalt bei Sorgerechtsfällen einschreitet. Der Chef der landesweiten italienischen Polizei hat inzwischen «zutiefst bedauert», wie die Sache gelaufen ist. Auch der Innenstaatssekretär sucht nach Worten, um den Vorfall zu erklären. Und in den Leserkommentaren auf den Webseiten italienischer Zeitungen sind sich die meisten Italiener einig: «Die Polizei sollte nicht das Recht haben, ein Kind für einen Streit zwischen den Eltern büssen zu lassen.»

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