Bürger gegen Migranten«Soldaten Odins» patrouillieren in Finnland
Bürgerwehrgruppen streifen durch finnische Städte, sie wollen die Bevölkerung vor «islamistischen Eindringlingen» schützen. Die Regierung ist wenig erfreut.
Kahlrasierte Köpfe, schwarze Bomberjacken: In finnischen Innenstädten marschieren selbsternannte Bürgerwehren durch die Strassen, sogenannte «Soldiers of Odin» («Soldaten Odins» – Odin ist der Kriegsgott in der nordischen Mythologie). Der Schriftzug steht fett auf ihrer Kleidung: «S.O.O.».
Ein paar junge Männer hatten die «Soldaten Odins» letztes Jahr in Kemi gegründet, einer Hafenstadt, in der viele Flüchtlinge von Schweden aus einreisen. Gründer Ranta, wie auch andere Anführer der Gruppe, bezeichnen sich offen als Nationalsozialisten. Viele haben laut Spiegel.de einen kriminellen Hintergrund: Sie waren in rassistische Gewalt oder Drogendelikte verwickelt. Einige Mitglieder tragen offen Symbolzeichen der «White-Supremacy»-Bewegung, die an die «Überlegenheit der weissen Rasse» glaubt. Ein Ableger der Gruppe nennt sich auf Facebook «Organisation, die für ein patriotisches weisses Finnland kämpft».
«Jeder hat ein Recht darauf, wenn er angegriffen wird»
Die «Soldaten Odins» wollen die Polizei beim Schutz der Bevölkerung unterstützen, sagt Gründer Ranta. Nicht nur vor Flüchtlingen, «auch vor Finnen, wenn sie bedrohlich werden». Bewaffnet sind sie nicht. «Angriffe sind nicht unser Ding. Nur Verteidigung. Jeder hat ein Recht darauf, wenn er angegriffen wird», so die Aussage von Mitgliedern.
Gruppierungen der «Soldaten Odins» wachen also dort, «wo etwas passieren könnte». Etwa vor Schulen, wo Flüchtlinge nach ihren Aussagen Kinder «beobachten», wie Spiegel.de berichtet. «Islamistischen Eindringlingen» wirft die Gruppierung vor, zum Anstieg der Kriminalität beizutragen. Bei Demonstrationen tragen sie Plakate mit Slogans wie «Migranten nicht willkommen».
«Die Polizei ist für Recht und Ordnung zuständig»
Viele Finnen lehnen die Bewegung ab, trotzdem wächst diese. Dies sei ein Zeichen der Sorgen, die die Finnen umtreiben, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Viele beklagen, dass die Ausgaben für Asylbewerber zunehmen, während das Land sich seit drei Jahren in einer Rezession befindet. In Finnland haben im letzten Jahr rund 32'000 Flüchtlinge Asyl beantragt, zehnmal mehr als 2014.
Die Regierung hat klargemacht, dass es keinen Platz für Bürgerwehren gebe: «Die Polizei ist für Recht und Ordnung in diesem Land zuständig», sagte Premierminister Juha Sipila dem öffentlichen Rundfunk YLE. «Zivilisten können nicht die Befugnisse der Behörden übernehmen.» Auch Innenminister Petteri Orpo zeigte sich besorgt: «Bürgerwehren zeigen extremistisches Verhalten und tragen nicht zur Sicherheit der Bevölkerung bei», sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Unklare Haltung der Regierung
Ganz einig scheint man sich jedoch nicht zu sein, was die offizielle Linie gegenüber den «Soldaten Odins» betrifft: In einer Pressemitteilung zeigte sich Polizeichef Seppo Kolehmainen zuerst erfreut über das Engagement der Bürger: «Freiwillige Nachbarschaftsarbeit ist unterstützenswert.» Es sei gut, dass sich Bürger für die Sicherheit in ihrer Umgebung interessierten. Gegenüber Spiegel.de relativierte er dann: Das Statement sei unklar formuliert gewesen, Patrouillen dürften nicht rassistisch motiviert sein.
Auch Justizminister Jari Lindström sagte, es habe bislang keine Probleme mit den Bürgerwehren gegeben. Deshalb gebe es keinen Grund, die Patrouillen zu unterbinden.