Treibgut aus JapanMüll-Tsunami überflutet Nordamerika
Im März 2011 stürzte ein gigantischer Tsunami Japan ins Chaos. Die Welle zerstörte ganze Landstriche – und riss Tonnen von Schutt ins Meer. Nun hat sie den Pazifik überquert.
Fünf Millionen Tonnen Schutt hat der grosse Tsunami letztes Jahr aus Japan «entführt». Mit seiner immensen Wucht zerstörte die Welle nicht nur ganze Landstriche, sondern zog viel Material hinaus in den Ozean. Seither treiben Hausreste, Autos, Flaschen, Container und Fässer auf dem Pazifik.
Bis heute – denn nun häufen sich die Berichte in den USA und Kanada, wonach an den Westküsten beider Länder viel Treibgut angeschwemmt wird. Die betroffenen Strände sind zugemüllt mit Holz, Schuhen und japanischen Konsumgütern.
Freiwillige putzen die Küste
Obwohl ein Teil des Tsunami-Schutts auf seiner Reise auf den Grund des Pazifiks abgesunken ist (laut Berichten etwa 95 Prozent), bleibt das Ausmass beträchtlich. Noch nie in der Geschichte sei innert so kurzer Zeit so viel Treibgut an der US-Westküste angeschwemmt worden, berichten Wissenschaftler vor Ort.
Zahlreiche Freiwillige versuchen, die Strände vom Abfall zu befreien. Auch die Küstenwache in diversen US-Bundesstaaten fliegt Patrouille, um die Lage im Blick zu behalten.
TV-Stationen berichten
Zwar ist die Herkunft des Schutts nicht wissenschaftlich nachgewiesen, japanische Anschriften auf Produkten und Nummernschildern lassen jedoch keinen Zweifel aufkommen. Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass das Treibgut in Wellen die nordamerikanische Küste erreichen werde: «Es ist nicht so, dass man am Strand steht und am Horizont Berge von Müll heranschwimmen sieht», sagt ein Experte der «Ozean Conservancy».
Seit November vergangenen Jahres hat sich aber einiges angesammelt. Bis 2014, so die Vorhersage, werde sich daran nichts ändern. Die grosse Masse erregt einiges Aufsehen bei den Medien vor Ort. Korrespondenten mehrerer Stationen berichten vor Ort über das Schwemmgut.
(NBC berichtet vor Ort. Video: YouTube/NBC)
(Ein Augenschein vor Ort. Video: YouTube/Channel 2)
Ein Töff, ein Ball und ein Schiff
Besonders in den Fokus geraten ist ein in einem Container angespültes Motorrad in der kanadischen Provinz British Columbia. Der Toff trägt ein Nummernschild der japanischen Provinz Miyagi. Zurzeit sind die Behörden daran, den Fahrzeughalter zu ermitteln. Ob er noch am Leben ist, ist nicht bekannt.
(Die Harley in der Tonne. Video: YouTube/BBC)
Zuvor waren schon andere Gegenstände zu Medien-Stars geworden. Ein Fussball hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt. Dieser war an der kanadischen Küste angeschwemmt worden und gelangte schliesslich wieder zurück zu seinem Besitzer, einen japanischen Schuljungen, der den Tsunami um Haaresbreite überlebt hat. Schliesslich war da auch noch das japanische Boot Ryou-Un Maru, welches vor der kanadischen Küste trieb und von der Küstenwache versenkt wurde.
(Die USCG Anacapa vor der Küste Kanadas. Video: YouTube/Hauling Gear)
Die freiwilligen Helfer in Nordamerika zeigen sich gegenüber den TV-Stationen berührt über ihre Funde. «Hinter jedem Gegenstand steckt eine Geschichte», sagt einer von ihnen zu NBC. Ein anderer berichtet: «Ich habe so viele Schuhe gefunden, ich möchte gar nicht wissen, woher die alle kommen.»
«Wird über Generationen die Menschen beschäftigen»
In Alaska bereitet man sich auf eine längere Auseinandersetzung mit dem Schutt vor. «Dieses Durcheinander wird hier noch über Generationen die Menschen beschäftigen», sagt ein Wissenschaftler vor Ort. Das Landschaftsbild, die unberührte Natur Alaskas und Kanadas, werde über Jahre verändert bleiben.
Im Staat Washington warnen die Behörden mit Plakaten vor dem noch kommenden Müll, wie der Guardian schreibt. Dass Leichen angeschwemmt werden, sei sehr unwahrscheinlich, meinen demnach die Behörden. Falls Anwohner eine solche jedoch finden sollten, seien umgehend die Behörden zu informieren.