CIA lenkt Waffen-Schmuggel an Rebellen

Aktualisiert

Syrischer BürgerkriegCIA lenkt Waffen-Schmuggel an Rebellen

Der US-Geheimdienst CIA steuert im türkisch-syrischen Grenzgebiet die Verteilung von Waffen an die Rebellen. Er will verhindern, dass sie in falsche Hände geraten.

Peter Blunschi
von
Peter Blunschi
Kämpfer der Freien Syrischen Armee posieren in einem Ausbildungslager in der Nähe der Stadt Idlib.

Kämpfer der Freien Syrischen Armee posieren in einem Ausbildungslager in der Nähe der Stadt Idlib.

Die US-Regierung hat stets beteuert, keine Waffen an die Aufständischen in Syrien zu liefern. Sie hat aber anerkannt, dass Nachbarländer dies tun. Bei der Verteilung reden die Amerikaner ein gewichtiges Wort mit: Seit Wochen kontrollieren CIA-Agenten vom Süden der Türkei aus, welche Kämpfer gegen das Regime von Präsident Baschar Assad mit automatischen Gewehren, Granaten oder Panzerabwehr-Waffen ausgestattet werden.

Dies berichtete die «New York Times» am Donnerstag. Die Waffen würden von der Türkei, Saudi-Arabien und Katar bezahlt und durch ein klandestines Netzwerk aus Mittelsmännern – darunter die syrische Muslimbruderschaft – über die Grenze gebracht, heisst es unter Berufung auf US-Beamte und arabische Geheimdienstler. Der Bericht ist eine weitere Bestätigung dafür, dass die Assad feindlich gesinnten Golfmonarchien die Aufständischen aufrüsten.

Wer sind die Rebellen?

Die Geheimoperation der CIA ist keineswegs uneigennützig. Sie soll laut «New York Times» auch verhindern, dass die Waffen in die Hände von Terroristen etwa des Netzwerks Al Kaida fallen. Die Prüfung der Rebellengruppen soll der US-Regierung zudem helfen, mehr über das wachsende Oppositionsnetzwerk in Syrien zu lernen. Dazu würden «neue Quellen erschlossen und Helfer rekrutiert», wird ein arabischer Geheimdienstmitarbeiter zitiert.

Bereits letzte Woche hatte das «Wall Street Journal» über entsprechende Aktivitäten berichtet. Die USA wollen das sich ständig verändernde Netzwerk der Freien Syrischen Armee (FSA) im Auge behalten, um den Anschluss nicht zu verlieren sowie Einfluss bei der Errichtung neuer Strukturen zu gewinnen. «Wir wollen wissen, wer diese Leute sind», wird ein US-Beamter zitiert. «Wir werden keine Waffen und Kommunikationsmittel an Kämpfer liefern, die keine Ahnung haben, wie ihre Kommandostruktur funktioniert.»

Oppositioneller Geheimdienst?

Die Obama-Regierung denkt offenbar darüber nach, die Hilfe für die Rebellen auszuweiten, schreibt die «New York Times». Ihnen könnten Satellitenbilder und andere Geheimdienstinformationen über Standorte und Truppenbewegungen der syrischen Armee zur Verfügung gestellt werden. Auch sei Unterstützung beim Aufbau eines eigenen Nachrichtendienstes denkbar. Allerdings seien darüber noch keine Entscheidungen gefallen.

Die Freie Syrische Armee gilt als nur loses Netzwerk vieler eigenständiger Rebellengruppen. Der Syrische Nationalrat in Istanbul versucht nun, die Kräfte zu bündeln. So soll es rund zehn militärische Koordinationsräte im ganzen Land geben, die untereinander Taktiken und andere Informationen austauschen. Eine gewichtige Ausnahme ist laut «New York Times» ausgerechnet die am härtesten umkämpfte Stadt Homs. Dort gibt es keinen solchen Rat, weil die drei wichtigsten militärischen Gruppen angeblich nicht miteinander auskommen.

Gute und Böse unterscheiden

Diese Episode illustriert die enormen Herausforderungen bei der Bildung einer schlagkräftigen Oppositions-Streitmacht. «Es ist sehr schwierig für uns, die Guten von den Bösen zu unterscheiden», sagte Gordon Adams von der American University in Washington gegenüber der «Huffington Post». «Wenn wir den Bösen Waffen geben, haben wir ein Problem.» Gemeint sind Kämpfer mit Verbindungen zu radikalen Islamisten.

Fraglich bleibt auch, ob die Waffen viel bewirken. Ein hoher US-Offizier sagte der «New York Times», die Rebellen verfügten im Vergleich zur syrischen Armee über «Blasrohre». Der Verteidigungsexperte Jeffrey White vom Washingtoner Institut für Nahost-Politik ist weniger skeptisch. Es gebe inzwischen rund 100 Rebellengruppen mit einer Handvoll bis mehreren hundert Kämpfern. Das Regime könne zwar nach wie vor Gebiete zurückerobern. «Aber die Opposition erhöht die Kosten solcher Operationen.»

Regime in Auflösung

Das syrische Regime zerfällt langsam, aber stetig. Nach der Flucht eines Piloten mit Kampfjet nach Jordanien begingen vier hochrangige Offiziere aus der Provinz Aleppo Fahnenflucht. Die vier Brüder stellten in der Nacht zum Freitag eine Videobotschaft ins Internet, in der sie sich von der Armee lossagen. Das Verteidigungsministerium erklärte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, man werde die Auslieferung des Piloten fordern, der am Donnerstag mit seiner MIG-21 in Jordanien gelandet war.

Wie gross die Loyalität der einzelnen Minister und Berater von Präsident Baschar Assad noch ist, lässt sich schwer abschätzen. Denn nach Angaben ehemaliger Funktionäre, die sich schon vor Monaten abgesetzt hatten, sind Auslandsreisen von Top-Funktionären und ihren Familien nur noch mit Sondergenehmigung von ganz oben gestattet. (sda)

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