Middlesbrough, UKWo Asylbewerber wohnen, sind Türen rot gestrichen
Skandal im britischen Middlesbrough: Eine Immobilienfirma soll Wohnungen von Asylbewerbern mit roter Farbe markieren. Die Verantwortlichen wehren sich.
«Apartheid auf den Strassen Grossbritanniens», titelte gestern die britische Tageszeitung «The Times». Ihre Reporter haben einen Flüchtlingsskandal im Nordosten Englands aufgedeckt: Eine Immobilienfirma soll in der Ortschaft Middlesbrough Haustüren von Asylsuchenden mit roter Farbe gestrichen haben.
Die Markierungen haben laut den Bewohnern zu fremdenfeindlichen Angriffen auf ihre Häuser geführt: Unbekannte hätten ihre Türen mit Hundekot beschmiert und mit Eiern beworfen oder sei selbst mit Beschimpfungen und Schikanen versehen. Es gab auch Fälle von Brandstiftung.
Innenministerium schaltet sich ein
Nachdem die «Times» das Innenministerium in London informierte, schickt dieses jetzt Mitarbeiter zur Inspektion nach Middlesbrough. Sie sollen den Fall untersuchen und sicherstellen, dass die Türen neu gestrichen werden. Man untersuche auch, ob solche Markierungen in anderen Teilen Englands gemacht würden, sagte Immigrationsminister James Brokenshire.
Verantwortlich dafür, dass die Türen von Migranten einheitlich rot gestrichen wurden, ist die private Sicherheitsfirma G4S. Diese kümmert sich im ganzen Nordosten Englands um Asylunterkünfte. In Middlesbrough hatte die Firma den Auftrag an den Subunternehmer Jomast weitergegeben.
Vergleich mit Nazi-Deutschland
In 62 der 66 Jomast-Häuser in Middlesbrough leben laut «Times» Asylsuchende. «Alle wissen, was die roten Türen bedeuten», sagt der Iraner Mohammed Bagher Bayzavi (58), der in einem der Häuser wohnt. Nur die Häuser mit roten Türen würden angegriffen. Er erzählt, dass einige Anwohner ihre Türen bereits weiss gestrichen hätten. Kurz darauf habe Jomast sie wieder rot übermalen lassen.
Ian Swales, ehemaliger Abgeordneter des Wahlkreises, vergleicht die roten Türen mit den gelben Sternen, die Juden in Nazi-Deutschland tragen mussten. «Das erinnert einen an Deutschland in den 30er-Jahren», sagt er. Die «Times» spricht von einer «Einladung zum Rassismus».
Bereits 2012 wegen Türen reklamiert
Es ist nicht das erste Mal, dass Anwohner G4S auf die roten Türen aufmerksam machen: Die ehemalige Stadträtin Suzanne Fletcher sagte dem Radiosender BBC 4: «Wir haben G4S bereits 2012 auf die Türen angesprochen. Sie sagten, sie hätten nicht vor, etwas zu ändern.» Die Asylsuchenden trauten sich nicht, sich zu beschweren, so Fletcher. «Sie haben Angst, dass sich das negativ auf ihren Aufenthaltsbescheid ausüben könnte.»
Stuart Monk, Eigentümer von Jomast und einer der reichsten Männer Grossbritanniens, weist die Anschuldigungen zurück. «Farbe wird in grossen Mengen für alle Liegenschaften gekauft», sagt er der BBC. Es sei aberwitzig, zu behaupten, dass dies diskriminierend sei. «Es ist beleidigend, den Vergleich zu Nazi-Deutschland zu ziehen.» Auch die Firma G4S schreibt auf Twitter, es stecke keine Strategie hinter den Markierungen. Sie verspricht, die Türen umgehend übermalen zu lassen.
Grösster Flüchtlingsanteil
Im Vergleich zum Rest Grossbritanniens wohnen in Middlesbrough, anteilig an der Bevölkerung, am meisten Flüchtlinge. Nach Vorgaben des Innenministeriums darf an einem Ort pro 200 Einwohner nur ein Asylbewohner untergebracht werden. In Middlesbrough kommt einer auf 173 Einwohner.
Bahnbrechendes Urteil Ein britisches Gericht hat entschieden, dass drei syrische Jugendliche und ihre Begleitperson vom «Dschungel» im französischen Calais zu Verwandten nach Grossbritannien gebracht werden müssen. Zumindest für die Zeit, in der ihr Asylantrag bearbeitet wird.
Bahnbrechendes Urteil Ein britisches Gericht hat entschieden, dass drei syrische Jugendliche und ihre Begleitperson vom «Dschungel» im französischen Calais zu Verwandten nach Grossbritannien gebracht werden müssen. Zumindest für die Zeit, in der ihr Asylantrag bearbeitet wird.
Das britische Innenministerium hatte die Anträge der Syrer bislang zurückgewiesen. Unter Dublin müssten sie zuerst in Frankreich Asyl beantragen. Nur wenn dieser abgelehnt wird, könne Paris beantragen, sie zu ihren Familien nach Grossbritannien schicken zu dürfen.
Guardian).