Ist hier auch ein Schweizer dabei?

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IS-EnthauptungvideoIst hier auch ein Schweizer dabei?

In einem Video enthaupten Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat 22 Gefangene. Tatsächlich sieht einer der unmaskierten Mörder einem Dschihadreisenden aus der Schweiz sehr ähnlich.

von
gux
Auszug aus dem 16-minütigen Hinrichtungsvideo des Islamischen Staats (IS), in dem Kämpfer 22 syrische Soldaten und den Amerikaner Peter Kassig umbringen. Es zeigt die Kämpfer unmaskiert - bis auf einen, den Terrorismus-Experten «Dschihadisten-John» nennen.
Das Video wurde am 16. November veröffentlicht. Die Produktion soll um die 195'000 Franken gekostet haben, schätzen Experten.
Der Franzose Maxime Hauchard ist einer der IS-Kämpfer, die im Video von der Enthauptung des US-Entwicklungshelfers Peter Kassig zu sehen sind.
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Auszug aus dem 16-minütigen Hinrichtungsvideo des Islamischen Staats (IS), in dem Kämpfer 22 syrische Soldaten und den Amerikaner Peter Kassig umbringen. Es zeigt die Kämpfer unmaskiert - bis auf einen, den Terrorismus-Experten «Dschihadisten-John» nennen.

AFP/-

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat ein Video veröffentlicht, das eine Massen-Enthauptung von syrischen Soldaten und des Amerikaners Peter Kassig zeigt. Der US-Think-Tank TRAC (Terrorism Research and Analysis Consortium) und der britische Think Tank Quilliam Foundation haben den 16-minütigen Film analysiert. Unter anderem wollten sie herausfinden, wer die 22 IS-Kämpfer sind, die sich unmaskiert vor die Kamera stellten, um ihre Gefangenen bestialisch zu enthaupten. Die Analysten kamen unter anderem zum Schluss, dass die extremistischen Mörder aus verschiedenen Ländern stammen, etwa aus Australien, den Philippinen, Indonesien, aus Grossbritannien, Frankreich, Belgien, Deutschland – und auch aus der Schweiz.

Dass auch Personen aus der Schweiz nach Syrien und in den Irak ziehen, um sich dem IS anzuschliessen, ist bekannt: Zwischen 2001 und September 2014 hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) 55 dschihadistisch motivierte Ausreisen verzeichnet. Der Grossteil dieser Gruppe hat Migrationshintergrund (Länder Ex-Jugoslawiens, Nordafrika, Naher Osten), ist unter Dreissig, besitzt nur eine beschränkte Aufenthaltsbewilligung. Ist einer von ihnen jetzt zum Mörder geworden und hat in der Köpfungs-Orgie des IS mitgemacht? Gestützt auf die ersten Ergebnisse von TRAC und der Quilliam Foundation haben etwa CNN, aber auch 20 Minuten dies vermeldet.

Mörder sieht Dschihadreisendem aus Schweiz «sehr ähnlich»

Weitere Recherchen haben dies jedoch nicht erhärten können. Vielmehr ist klar geworden, dass sich unter den 22 Dschihadisten des Hinrichtungsvideos kein Schweizer befindet. Wieso aber kam es zu dieser Fehlinformation? Offenbar gibt es in der Gruppe der unmaskierten IS-Kämpfer einen Mann, der einem Dschihad-Reisenden aus der Schweizer verblüffend ähnlich sieht. So ähnlich, dass auch die Schweizer Polizeibehörden sich das Video genauer ansahen.

«Wir haben natürlich Kenntnis von diesem Enthauptungsvideo», sagt Jacques Repond vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) zu 20 Minuten. «Wir haben diese Aufnahmen sorgfältig durchgesehen und mit sämtlichen Gesichtern von jenen verglichen, von denen wir wissen, dass sie in den Nahen Osten gereist sind. Es gab aber keine Übereinstimmung.»

«Ein Mann auf dem Enthauptungsvideo von IS sieht einem Dschihadreisenden aus der Schweiz sehr ähnlich», so Jean-Paul Rouiller vom Genfer Zentrum für vom Genfer Zentrum für Terrorismus (GCTAT). «Auch wir haben einen Fotovergleich gemacht, der aber keine Treffer ergab.» Mehr noch: Der Dschihadist aus der Schweiz äusserte sich im Zusammenhang mit dem Video auf den sozialen Medien sogar selbst: Er verneinte, sich an der Massen-Enthauptung des IS beteiligt zu haben.

Bislang niemand aus der Schweiz an Köpfungen beteiligt

Auch die Quilliam Foundation stellt klar, dass kein Schweizer bei der Massenhinrichtung dabei war. Der IS hat neben dem Enthauptungsvideo ausserdem ein Bekennerschreiben veröffentlicht. Darauf sind die beteiligten IS-Kämpfer mitsamt Herkunft aufgeführt. Aus der Schweiz war niemand genannt.

«Wir haben keine Kenntnis darüber, dass sich jemand aus der Schweiz in Syrien oder im Irak an Enthauptung oder anderen Exekutionen beteiligt haben könnte», so Rouiller. Vollständige Gewissheit gebe es natürlich nicht. «Doch es ist immer noch ein grosser Unterschied, ob jemand auf seinem Social-Media-Profil von Enthauptungen und Hinrichtungen schreibt oder ob er derlei Gräueltaten dann auch wirklich durchzieht.»

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