Ukrainisches AKWVon Atomunfall geht offenbar keine Gefahr aus
Im Südosten der Ukraine hat es einen Atomunfall gegeben. Es bestehe aber aller Voraussicht nach keine Gefahr, erklärt ein Kernphysiker von Green Cross Schweiz.
Im ukrainischen Atomkraftwerk Saporoschje, dem leistungsstärksten Kernkraftwerk Europas, ist nach einer Panne der dritte Reaktorblock abgeschaltet worden. Der technische Defekt hat sich nach Angaben des Kraftwerksbetreibers bereits am 28. November ereignet.
Gemäss dem Schweizer Kernphysiker Stephan Robinson von Green Cross Schweiz handelt es sich beim Vorfall im AKW Saporoschje wohl um eine «normale technische Störung wie sie beim Betrieb von solch komplexen Anlagen immer wieder auftritt.» Dies habe ihm soeben ein russischer Kollege, ein ehemaliger Sichereheitsinspektor der russischen Atombehörden, telefonisch bestätigt.
Bei so einer technischen Störung könne es sich beispielsweise um einen Defekt im Überwachungssystem handeln, einen Transformatorenschaden oder ein Leck im nicht-radioaktiven Kühlkreis. «Der Umstand, dass die Leistung des Reaktors auf einen Zehntel reduziert wurde, ist aber doch ein Hinweis, dass es sich um einen schwerwiegenderen Defekt handeln muss», sagt Robinson. Dieser Defekt betreffe jedoch nicht den nuklearen Teil der Anlage.
«Auch Schweizer Atomkraftwerke haben immer wieder technische Probleme, so dass die Reaktoren kurzzeitig runtergefahren werden müssen.»
«Nichts Gefährliches»
Regierungschef Arseni Jazenjuk forderte am Mittwoch Aufklärung von Energieminister Wladimir Demtschischin. Der Minister solle Auskunft geben, welche Folgen der technische Defekt habe, sagte Jazenjuk örtlichen Medien zufolge in Kiew.
«Nein, es gibt nichts Gefährliches», sagte Demtschischin. Bis zu diesem Freitag sollte «das Problem» beseitigt sein. «Das ist eine technische Frage - und obwohl der dritte Block abgeschaltet ist, stellt er keine Gefahr dar», sagte der neu ernannte Minister.
Die AKW-Leitung hatte über die Abschaltung des dritten Blocks am Samstag informiert. Erhöhte Radioaktivität sei nicht gemessen worden, hiess es.
Offenbar Brand nach Kurzschluss
Auch die Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) in Wien bestätigt die Angaben der Regierung – wenn auch indirekt. Es gebe keine Hinweise auf einen Atomunfall, hiess es. Ähnlich äusserte sich auch die deutsche Regierung.
Neben dem Kurzschluss sei es auch zu einem Brand gekommen, sagte ein Atomexperte von Greenpeace dem deutschen Nachrichtensender n-tv. Er gehe aber «nicht davon aus, dass dieser Unfall jetzt eskalieren wird». Die lebenswichtigen Funktionen der Anlage seien weiter in Takt.
Wegen des «relativ harmlosen Zwischenfalls», wie es Demtschischin ausdrückte, kam es in der Region zu Engpässen bei der Stromversorgung. Schon am Dienstag musste der Strom in der Region teilweise abgestellt werden.
Nicht baugleich mit Tschernobyl
Saporoschje liegt rund 570 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kiew. Die Anlage war 1984 in Betrieb genommen worden. In der Ukraine ereignete sich 1986 ein schwerer Unfall im mittlerweile stillgelegten Atomkraftwerk Tschernobyl. Die Reaktortypen in beiden Kraftwerken sind aber nicht baugleich.
Jazenjuk wies Demtschischin auch an, mitzuteilen, wann die normale Versorgung wieder aufgenommen wird. Der Strom war ukrainischen Medien zufolge am Dienstag gedrosselt worden. Laut dem Ex-Energieminister Juri Prodan sollte sich die Lage bis diesen Samstag wieder normalisieren.
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Zum Liveticker im Popup (rok/20 Minuten/sda)