Österreich erreicht schon im Sommer seine Limite

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Flüchtlings-KriseÖsterreich erreicht schon im Sommer seine Limite

Die Obergrenze für Asylsuchende ist wahrscheinlich schon bald erreicht. Die österreichische Innenministerin kündigt an, ab dann einen harten Kurs zu fahren.

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Flüchtlinge kommen mit Zügen aus Slowenien am Bahnhof in Villach in Österreich an (14. Januar 2016).

Flüchtlinge kommen mit Zügen aus Slowenien am Bahnhof in Villach in Österreich an (14. Januar 2016).

Keystone/AP/Gert Eggenberger

Die konservative österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erwartet, dass die von Wien festgelegte Obergrenze für Asylanträge bereits vor dem Sommer erreicht wird. «Bei 37.500 Anträgen wird in diesem Jahr gestoppt», sagte Mikl-Leitner der Onlineausgabe der «Welt am Sonntag». Die Drohung Österreichs, sich für einen Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum einzusetzen, wurde von Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zurückgewiesen.

Mikl-Leitner sagte weiter, bei Erreichen der Obergrenze sollten Flüchtlinge zurückgewiesen oder ihre Anträge nicht mehr bearbeitet werden. «Entweder machen wir es wie Schweden, das heisst, wir nehmen über der Obergrenze zwar noch Anträge an, bearbeiten sie aber auf Jahre nicht mehr», sagte Mikl-Leitner.

Als «zweite Möglichkeit» werde daneben nun geprüft, ob jenseits der Obergrenze «überhaupt noch Anträge» angenommen werden müssten, oder ob Österreich die Flüchtlinge «direkt an der Grenze» in sichere Nachbarstaaten zurückweisen könne, fügte die ÖVP-Politikerin hinzu.

«Asyloptimierung»

Was derzeit geschehe, habe «nur wenig mit Schutzsuche zu tun, sondern mit der Suche nach dem wirtschaftlich attraktivsten Land», sagte die österreichische Innenministerin. Slowenien und Kroatien seien sichere Staaten. Dennoch würden «dort kaum Asylanträge gestellt», die Flüchtlinge zögen «weiter nach Österreich, Deutschland oder Schweden», das sei «keine Schutzsuche mehr, sondern Asyloptimierung».

Österreich hatte am Mittwoch bekanntgegeben, in diesem Jahr nur noch 37.500 Asylbewerber aufzunehmen, weniger als halb so viele wie die rund 90.000 des Vorjahrs.

«Mythos», dass griechisch-türkische Grenze unkontrollierbar sei

Mikl-Leitner schlug zudem eine Debatte über einen «vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus dem Schengenraum» vor, falls Athen nicht «endlich mehr für die Sicherung der Aussengrenzen» unternehme. Es sei ein «Mythos», dass die griechisch-türkische Grenze nicht kontrolliert werden könne, erklärte sie. Die griechische Marine zähle zu den stärksten in Europa.

Steinmeier sagte dagegen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, eine Lösung in der Flüchtlingsfrage werde es nicht dadurch geben, dass «wir uns innerhalb Europas gegenseitig die Solidarität aufkündigen». Die griechische Regierung forderte derweil mehr Frontex-Schiffe zur Unterstützung. Die EU-Grenzschutzagentur müsse deutliche mehr Schiffe in der Ägäis einsetzen, sagte Aussenminister Nikos Kotzias am Samstag am Rande eines Besuches in Berlin nach Angaben der griechischen Nachrichtenagentur ANA.

Rechtlicher Rahmen für Frontex-Einsatz

Die EU-Kommission will nach Informationen der «Bild am Sonntag» schnellstmöglich einen rechtlichen Rahmen für einen Frontex-Einsatz in Mazedonien schaffen. Die Kommission unterstütze eine entsprechende Initiative Sloweniens für eine stärkere Unterstützung Mazedoniens bei der Sicherung seiner Grenze zu Griechenland, berichtet das Blatt. Demnach sollen die EU-Staaten Mazedonien mit Geld, Technik und Personal helfen.

Bislang darf Frontex nur innerhalb der EU eingesetzt werden. Dies solle nun geändert werden, schrieb die Zeitung. An Mazedonien habe die Kommission bereits 2,6 Millionen Euro direkte humanitäre Hilfe gezahlt. Sie stelle darüber hinaus weiteres Geld in Aussicht. Mazedonien liegt auf der sogenannten Balkanroute, über die seit vielen Monaten Flüchtlinge in Richtung Norden ziehen. Griechenland sieht sich seit längerer Zeit Vorwürfen ausgesetzt, seine EU-Aussengrenzen unzureichend zu schützen.

«Zusammenarbeit mit der Türkei auf 50 Millionen Euro ausbauen»

Die Bundesregierung stockt angesichts der Flüchtlingskrise die Entwicklungshilfe für die Türkei auf. «Wir werden unsere Zusammenarbeit mit der Türkei in diesem Jahr noch einmal von 36 Millionen auf 50 Millionen Euro ausbauen», sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) der «Bild am Sonntag». Müller will am Dienstag die Türkei besuchen.

Vor allem im türkischen Grenzgebiet solle mit den zusätzlichen Hilfsmitteln in Schulen, berufliche Ausbildungen und die Stärkung der kommunalen Infrastruktur investiert werden, sagte Müller. Die Türkei habe inzwischen 2,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Die Türkei ist das wichtigste Transitland für viele Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa.

Hafen in Calais vorübergehend lahmgelegt

Am Rande einer Kundgebung gegen die Zustände im berüchtigten «Dschungel«-Lager im nordfranzösischen Calais ist es rund 50 Flüchtlingen am Samstag gelungen, auf eine Fähre vorzudringen. Der Hafenbetrieb wurde daraufhin vorübergehend eingestellt.

Die Flüchtlinge hofften offensichtlich, mit der Fähre «Spirit of Britain» nach Grossbritannien zu gelangen. Sie wurden in einem mehrstündigen Polizeieinsatz alle von Bord geholt, wie die Behörden mitteilten. 24 von ihnen wurden demnach festgenommen.

Rund 2000 Menschen hatten am Nachmittag friedlich gegen die Zustände in dem Flüchtlingslager protestiert. Sie forderten «einen würdigen Aufenthalt» für die Flüchtlinge. Aus der Menge drangen bis zu 150 Menschen auf das Hafengelände vor.

In dem Lager sitzen unter erbärmlichsten Bedingungen tausende Flüchtlinge fest, die nach Grossbritannien wollen. Sie versuchen immer wieder, auf Fähren oder in Züge zu gelangen, was aber nur äusserst selten gelingt. (nag/sda)

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