Pakistans neuer Präsident will Drohnen stoppen

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Mamnoon HussainPakistans neuer Präsident will Drohnen stoppen

Wie erwartet hat das pakistanische Parlament den 73-jährigen Mamnoon Hussain zum neuen Präsidenten gewählt. Hussain den US-Drohnenangriffen Einhalt gebieten.

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«Ich hatte nie Ambitionen aufs Präsidentenamt», sagte Mamnoon Hussain vor seiner Wahl.

«Ich hatte nie Ambitionen aufs Präsidentenamt», sagte Mamnoon Hussain vor seiner Wahl.

Neuer Präsident Pakistans wird der Geschäftsmann Mamnoon Hussain. Die Abgeordneten des Parlaments und der Regionalvertretungen wählten den Kandidaten der regierenden Muslim-Liga (PML-N) von Premierminister Nawaz Sharif zum Nachfolger von Staatschef Asif Ali Zardari, dessen Amtszeit im September endet.

Mit dem Sieg des 73-jährigen Hussain war gerechnet worden. Beobachter gehen davon aus, dass der neue Präsident kaum eigene Akzente setzen wird, wie Zardari dies häufig tat. Die Macht des Staatschefs in Pakistan wurde im Zuge einer Verfassungsreform zuletzt deutlich beschnitten. Er hat nunmehr vorwiegend repräsentative Aufgaben.

Über umfangreiche politische Erfahrung verfügt Hussain nicht. Er ist zwar langjähriges Mitglied der Muslim-Liga (PML-N). Lediglich im Jahr 1999 war er jedoch einmal für kurze Zeit Gouverneur der südpakistanischen Provinz Sindh. Seinen unternehmerischen Aufstieg absolvierte er im Textilbereich. Hussain wird der zwölfte Präsident seit Pakistans Staatsgründung 1947.

Wenig Konkurrenz

Hussains einziger Konkurrent bei der Wahl des zwölften Präsidenten in der Geschichte Pakistans war Wajihuddin Ahmed, ein angesehener früherer Richter am Obersten Gerichtshof des Landes. Er war von der drittgrössten Partei, der Pakistan Tehreek-e-Insaaf des früheren Cricketstars Imran Khan, aufgestellt worden.

Der unpopuläre Amtsinhaber Zardari - Witwer der 2007 ermordeten Ex-Premierministerin Benazir Bhutto - war gar nicht erst angetreten. Nach dem Sieg der Muslim-Liga bei den Parlamentswahlen im Mai sah er kaum noch Chancen, noch einmal gewählt zu werden.

Zardari war seit September 2008 im Amt. Die PPP hatte als Grund für ihren Boykott angegeben, dass die Wahl vorgezogen worden war und nicht genügend Zeit zur Vorbereitung blieb.

Grosse Herausforderungen

Pakistan steht derzeit vor grossen Herausforderungen. Die Wirtschaft des Landes stagniert, grosse Probleme gibt es bei der Energieversorgung. Aussenpolitisch ist vor allem das Verhältnis zu den USA angespannt, die im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet mit Drohnen Jagd auf Aufständische machen und dabei immer wieder Zivilisten töten.

Zudem ist die Sicherheitslage im Land prekär. Dies zeigte der jüngste Angriff radikaler Kräfte. Schwer bewaffnete Taliban-Kämpfer hatten nur Stunden vor der Wahl ein Gefängnis im Nordwesten des Landes gestürmt und fast 250 Häftlinge befreit.

Extremisten befreit

Darunter seien mindestens 15 hochrangige Angehörige der pakistanischen Taliban (TTP) und der schiitenfeindlichen Terrorgruppe Lashkar-e-Jhangvi, sagte der örtliche Polizeichef Muhammad Nawaz. Aus Geheimdienstkreisen hiess es, 25 «gefährlichen» Extremisten sei die Flucht gelungen.

Der Verwaltungschef des Distrikts Dera Ismail Khan, Mushtaq Jadoon, sagte, mehr als 100 als Polizisten getarnte Aufständische hätten das Gefängnis kurz vor Mitternacht angegriffen. Sie hätten Handgranaten geworfen und dann das Feuer eröffnet. Die Gefechte hätten die ganze Nacht angedauert.

«Nie Ambitionen gehabt»

Er habe nie Ambitionen auf das Präsidentenamt in Pakistan gehabt, sagte Mamnoon Hussain vor kurzem. Am 8. September wird er das Amt von Asif Ali Zardari übernehmen. Hussain sprach schon vor der Abstimmung von der «schwierigsten Aufgabe» seines Lebens. Hussain bringt Qualitäten mit, die darauf hoffen lassen, dass er einigend auf die gespaltene Gesellschaft seines Landes wirken könnte.

Auch für den Westen könnte er sich als zugänglicher Gesprächspartner erweisen. Zwar ist das Präsidentenamt weitgehend zeremoniell. Einfluss hat das Staatsoberhaupt aber doch. Nominell ist der Präsident auch Oberster Befehlshaber der Streitkräfte, auch wenn die mächtige Armee sich ziviler Kontrolle weitgehend entzieht.

«Eine Mischung aus islamischen Werten und den besten Praktiken aus dem Westen kann für uns funktionieren», sagte Hussain der Nachrichtenagentur DPA vor der Wahl zu seinen Vorstellungen, wie die drängenden Probleme des Landes zu lösen sein könnten.

Mit Blick auf die Wirtschaftskrise und die Terrorbedrohung fügte er hinzu: «Ich weiss, dass wir ein riesiges Chaos beseitigen müssen.» Er hoffe, dass ihm seine Erfahrungen in der Wirtschaft und der Politik - er verdient sein Geld mit Textilien und war 1999 Gouverneur der Provinz Sindh - dabei helfen werden.

Drohnenangriffe beenden

Die USA wolle er auffordern, ihre Drohnenangriffe im Grenzgebiet zu Afghanistan einzustellen, sagte Hussain während eines Telefoninterviews in der vergangenen Woche. Zugleich wolle er aber die Armee anweisen, gegen Zufluchtsorte der Extremisten vorzugehen. Den Westen forderte er auf, Pakistaner nicht unter Generalverdacht zu stellen. «Nicht jeder hier ist ein Terrorist.»

Hussain besuchte in den 1950er-Jahren eine Koranschule (Madrasa). Er entschloss sich dann aber dagegen, Geistlicher zu werden. Seinen Universitätsabschluss machte er 1965 am renommierten Institut für Wirtschaftsverwaltung, einer liberalen Bildungsstätte der Elite.

Pakistans neuer Präsident ist stolz darauf, praktizierender Muslim und Patriot zu sein. Die Europäische Union bewundert er als einen diplomatischen Erfolg. Der Vater von drei Söhnen - alle drei sind Bankkaufmänner - hört gerne Musik aus Indien, dem Erzrivalen Pakistans. Im indischen Agra wurde Hussain vor der Teilung des Landes geboren.

«Einheit in der Vielfalt»

Unter Militärmachthaber Pervez Musharraf war der bekennende Demokrat 2001 für einen Monat im Gefängnis. Trotz der Haft und trotz Drohungen habe Hussain sich weiter gegen Musharrafs autoritäre Regierung engagiert, sagt sein Parteifreund und langjähriger Wegbegleiter, Senator Mushahidullah Khan.

Hussain könne für «Einheit in der Vielfalt» stehen, sagt Irfan Shahzad vom Institut für Politikstudien in Islamabad. «Einen Mann in der Präsidentschaft zu haben, der eine Madrasa besucht hat, an einem Elite-Institut seinen Abschluss gemacht hat und sowohl Politiker als auch Geschäftsmann ist, ist immer hilfreich.» (rey/sda)

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