Russen betrogen US-Krankenkasse für Arme

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«Bedürftige» DiplomatenRussen betrogen US-Krankenkasse für Arme

Die US-Staatsanwaltschaft wirft 49 russischen Diplomaten vor, mit Falschangaben Medicaid-Leistungen erschwindelt zu haben. Wollen die USA Moskau die Snowden-Blamage zurückzahlen?

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Bundes-Staatsanwalt Preet Bharara erläutert an einer Pressekonferenz, wie die 49 russischen Diplomaten Geld von der Medicaid-Krankenkasse erschlichen.

Bundes-Staatsanwalt Preet Bharara erläutert an einer Pressekonferenz, wie die 49 russischen Diplomaten Geld von der Medicaid-Krankenkasse erschlichen.

Das Leben in New York City ist teuer, vor allem wenn man gern Tiffany-Schmuck einkauft, Broadway-Theater besucht und sich im Apple Store mit neuster Elektronik eindeckt. Da kann man unmöglich für die Geburt seines Kindes selbst aufkommen.

Genau so dachten die 49 russischen Diplomaten, die seit 2004 ihre Einkommen betrügerisch tief deklarierten, damit Medicaid, Amerikas Gesundheitsdienst für Arme, die Kosten für Schwangerschaft und Geburt übernimmt. Nach einer Klageschrift des Bundes-Staatsanwalts Preet Bharara haben die Diplomaten beziehungsweise ihre Ehegattinnen zwischen 2004 und 2013 63 Babys zur Welt gebracht. In 58 Fällen - 92 Prozent - wurden dafür Medicaid-Zahlungen in Anspruch genommen. Der Schaden für Amerikas Steuerzahler belaufe sich auf 1,5 Millionen Dollar, sagt Bharara.

Zigtausende Dollar ertrogen

Zum Beispiel hat Andrej Artasow, der 1. Sekretär der russischen UNO-Mission, sein Einkommen 2008 mit 34'800 Dollar beziffert, damit sich seine Frau Natalija ihre Schwangerschaft von Medicaid bezahlen lassen konnte. Im gleichen Jahr seien aber 53'000 Dollar auf Artasows Bankkonto deponiert worden, und er gab mit der Kreditkarte 48'100 Dollar aus, davon 3500 Dollar im Apple Store.

Sergej Ogurtsow und seine Frau Tatiana erhielten 2011 Medicaid-Unterstützung von 19'990 Dollar, weil das Paar ein Monatseinkommen von 3500 Dollar deklariert hatte, 2175 Dollar weniger als der effektive Lohn. Ein anderes Diplomatenpaar, das in einer von Russland bezahlten Wohnung lebt, strich mit Falschangaben 21'000 Dollar an Medicaid-Geldern ein.

Wegweisung gefordert

Die elf noch in den USA weilenden Betrüger sind nicht verhaftet worden, weil die diplomatische Immunität sie schützt. Bharara verlangt vom US-Aussenministerium eine Aufhebung dieses Schutzes. Falls er sie nicht erhält, will er eine umgehende Wegweisung der Diplomaten fordern. «Diplomatie sollte sich darum drehen, im Gastland die Hand auszustrecken und nicht die Hand zum Diebstahl in Taschen zu stecken», sagte Bharara an einer Pressekonferenz.

Dass der auch im Steuerstreit mit der Schweiz tätige Staatsanwalt gerade jetzt die Anklage gegen die Russen erhebt, riecht nach einer Retourkutsche für den Fall Edward Snowden. Washington ist verärgert darüber, dass Russland dem NSA-Whistleblower - oder Verräter - politisches Asyl gewährt hat. In Moskau erklärt man sich überrascht von den Vorwürfen. Vizeaussenminister Sergej Ryabkow gab laut Agentur RIA Nowosti in gleicher Münze zurück, indem er sagte: «Wir haben viele Klagen gegen amerikanische Diplomaten in Moskau, aber wir bringen sie nicht an die Öffentlichkeit.»

Russen bekannt für Versicherungsbetrug

Die Betrügereien passen zu einem Muster, das US-Behörden bei russischen Einwanderern beobachten. Wie die «New York Times» berichtet, wird Versicherungsbetrug oft von Immigranten aus der früheren Sowjetunion begangen. Der New Yorker Stadtteil Brighton Beach in Brooklyn, wo sehr viele Russen wohnen, verzeichne laut Statistiken landesweit eine der höchsten Betrugsraten im Gesundheitssektor.

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