Selbst seine schärfsten Kritiker lieben Trump

Vor laufender Kamera kritisieren sie ihn harsch, kurz darauf sind sie seine Kumpel. Viele Medienleute stehen Donald Trump viel näher, als sie das grosse Publikum glauben machen wollen. Das verwundert nicht, denn der Casinokönig und Bauunternehmer ist der New Yorker Medienwelt seit vielen Jahren bestens bekannt.

Wie selbst linksorientierte Journalisten den führenden Präsidentschaftskandidaten der Republikaner hofieren, machen 35 Voicemails klar, die angeblich von der Hackergruppe Anonymous erbeutet wurden. Laut Gawker wünscht auf dem Telefonbeantworter Tamron Hall, Moderatorin beim progressiven Newssender MSNBC, ein Gespräch mit Trump. «Wie du weisst, bin ich ein riesiger Fan», spricht Hall aufs Band, «und ich halte unglaublich viel von dir.»

Einen Grund für die Zuneigung gibt die MSNBC-Frau in einem anderen Voicemail preis. Darin dankt sie Trump für einen nützlichen Ratschlag. Um den Erfolg zu feiern, werde sie nun zu Gucci gehen, sagt sie. «Ich werde deinen Discount anwenden, denn da gibt es ein grünes Kleid für 3000 Dollar.» Offenbar hat der Unternehmer der Journalistin erlaubt, bei der im Trump Tower eingemieteten Gucci-Boutique den Rabatt zu nutzen, den er als Vermieter geniesst.

Neben Hall gehören auch die zwei MSNBC-Moderatoren Joe Scarborough und Mika Brzezinski zu den privaten Trump-Fans. In einem Voicemail sagt Scarborough: «Wir sind so dankbar für alles, Donald, und wir wollten dir nur sagen, wie viel uns das bedeutet.» Brzezinski doppelt nach: «Es war unglaublich. Danke, Donald!»

Hier ist die Dankbarkeit verständlich, hatte doch der Milliardär einer gemeinnützigen Kinderorganisation Geld gespendet. Entsprechend genervt reagierte Scarborough auf die Enthüllung durch Gawker. In einem Tweet schrieb er sarkastisch: «Trump hat offenbar einem Kinderhilfswerk Geld gespendet. Skandalös!»:

Neben den MSNBC-Leuten sind auf den Voicemails viele unbekannte Stimmen zu hören. Zu den Anrufern gehören aber auch David Axelrod, Barack Obamas früherer Berater, sowie der berühmte Footballer Tom Brady. Der durch seine hochragende Frisur bekannte Box-Promoter Don King definiert Trump auf dem Band als Mischung zwischen einem Demokraten und einem Republikaner: «Du bist ein Republikrat, das ist so gut für Amerika.»

Steckt Anonymous dahinter?

Gawker schreibt, die aus einer anonymen Quelle stammenden Voicemails seien letzte Woche auf der Redaktion eingegangen. Angeblich hatte eine Gruppe junger User des Message Board 4chan am Mittwoch eine Trump-Nummer angerufen. Das Passwort für die Voicemail-Box hatten sich die «Hacker» durch einen Anruf bei der Telefongesellschaft erschlichen.

Einige Medienberichte – etwa im britischen «Independent» – schreiben die Voicemail-Enthüllung der Hacker-Gruppe Anonymous zu. Gawker stellt diese Verbindung zwar nicht her, doch die Stossrichtung stimmt: Letzten Dezember erklärte Anonymous Trump unter dem Hashtag #OpTrump (Operation Trump) den Krieg. In einem Video kritisierte ein Mann hinter einer Guy-Fawkes-Maske die Absicht Trumps, Muslime an der Einreise in die USA zu hindern. Das sei genau das, was die Terrormiliz «Islamischer Staat» wolle:

In der Folge legte Anonymous die Website des Trump Tower in New York lahm. Dass die Voicemail-Aktion zu #OpTrump gehört, ist jedoch unklar.