SchulreformFinnland schafft Schulfächer ab
Französisch, Mathematik, Geschichte – Schulfächer gehören in Finnland bald der Vergangenheit an. Neu sollen Themen unterrichtet werden.

Finnische Schüler sollen in Teams an Themen arbeiten, anstatt bloss dem Lehrer zu lauschen.
In Finnland ist der traditionelle Stundenplan passé: Anstelle von Fächern sollen bald nur noch Themengebiete unterrichtet werden – «Phänomene», wie es die Finnen nennen. Dadurch sollen Schüler bei dem, was sie lernen, einen Bezug zum echten Leben herstellen können. Die Frage «Wozu lerne ich das überhaupt?» erübrigt sich.
Mit dem neuen Unterrichtssystem will man die Schüler ausserdem besser auf das Berufsleben vorbereiten. «Das aktuelle Schulsystem ist veraltet», sagte Marjo Kyllönen, Helsinkis Schulmanagerin, dem britischen «Independent». Dadurch falle vielen Schülern der Einstieg ins Arbeitsleben schwer.
Schulfach «Gastronomie» oder «EU»
Bis 2020 sollen Schulen im ganzen Land nach Themen unterrichten – das ist zumindest Kyllönens Ziel. Ende Monat will sie ihr Konzept der finnischen Regierung vorlegen. In der Zwischenzeit sollen Schulen mehrere Wochen pro Jahr dem thematischen Lernen widmen.
In einigen Schulen sind solche Testphasen bereits angelaufen: In einer Berufsschule arbeiten Schüler etwa am Thema «Gastronomie» – sie erstellen Abrechnungen, üben Sprachen für den Umgang mit Kunden und schreiben Briefe. Eine Gymnasiumsklasse setzt sich derweil mit der EU auseinander: Schüler büffeln die Geschichte von Mitgliedstaaten, diskutieren über Politik und üben die Sprachen einzelner Länder.
Gruppenarbeit statt Frontalunterricht
Der Umstellung zum themenbasierten Lernen betrifft auch die Lehrer: Diese sollen ihre Stunden fortan im Team planen. Und der Unterricht soll nicht mehr frontal stattfinden, sondern in Gruppen, in denen Schüler ein Problem bearbeiten.
«Viele Lehrer stellten sich anfangs quer», sagte Schulmanagerin Kyllönen. «Wenn sie sich dann aber erst an die neue Methode gewöhnt haben, wollen sie nicht mehr zurück.» Bis heute habe man bereits 70 Prozent der Lehrer für den neuen Ansatz ausgebildet.
Finnland ist Nummer 1 bei Pisa-Studie
Finnland ist seit Jahren auf Platz eins der Pisa-Studie. Darum hat die Veränderung im finnischen Schulsystem Gewicht: Andere Länder haben bereits Interesse an dem neuen Modell angemeldet.
Etwa die Briten. «Schulen sollten Kinder nicht durch ‹Prüfungs-Fabriken› jagen», sagte Tristram Hunt von der sozialdemokratischen Labour Partei. Sie sollten lieber dafür sorgen, dass die Schüler Charakter und Ausdauer entwickelten.