Frauenhändler bieten 12-Jährige als «Pistazien» an

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Syrische FlüchtlingeFrauenhändler bieten 12-Jährige als «Pistazien» an

In der Türkei floriert der Menschenhandel. Reiche Männer aus Saudiarabien kaufen syrische Flüchtlingsfrauen und -mädchen auf Märkten, als wären sie Vieh.

von
Ann Guenter

Eines vorweg: Die Türkei leistet Beachtliches bei der Versorgung von mittlerweile fast drei Millionen Flüchtlingen. So ist sie das grösste Aufnahmeland für Syrer und auch das Land, das weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. «Bislang hat das Land die Krise einigermassen gut bewältigt», kam eine Studie des Brookings Institutes Ende 2015 zum Schluss.

Doch mit den 2,8 Millionen geflüchteten Menschen treten immer mehr Missstände auf – nicht nur in den 26 von der staatlichen Katastrophenbehörde Afad eingerichteten Lagern. Denn die grosse Mehrheit der Flüchtlinge – Amnesty International geht von bis zu 90 Prozent aus, wie die NGO gegenüber 20 Minuten angibt – lebt nicht in diesen Camps. Sondern in Städten und dort sehr oft auf der Strasse, weil sich immer weniger Flüchtlinge eine Wohnung leisten können. Das ist gerade für Frauen und Mädchen prekär – denn auf der Strasse lauern Gefahren aller Art.

Prostitution gegen Brot

So stieg in allen türkischen Städten, in denen sich syrische Flüchtlinge ansiedelten, die Prostitution drastisch an. Syrische Mädchen bieten sich gemäss türkischen Frauenrechtsaktivisten gegen eine Bezahlung von umgerechnet 18 Franken an. «Wir haben auch Fälle von Frauen, die sich prostituierten, damit sie ihren Kindern Brot kaufen können», sagt eine Aktivistin in einem Artikel des Gatestone Institute.

Daneben boomt der Menschenhandel im syrisch-türkischen Grenzbereich: Kriminelle Banden, so die türkische Menschenrechtsorganisation Mazlumder, überzeugten Eltern in Syrien, dass ihre Mädchen es in der Türkei besser hätten.

«Pistazien», «Kirschen», «Äpfel», «Wassermelonen»

In der Hoffnung, ihren Töchtern ein besseres Leben zu ermöglichen, wenn diese mit einem Türken verheiratet würden, zahlten Eltern den Kriminellen einen «Brautpreis» von umgerechnet bis zu 1700 Franken. «Einige Männer in der Türkei nehmen sich eine zweite oder gar dritte syrische junge Ehefrau, obgleich Polygamie in der Türkei verboten ist», so Abdulhalim Yilmaz von der NGO Mazlumder. «Die jungen Frauen werden illegal von Syrien über die Grenze geschafft und nie registriert. Entsprechend haben diese Mädchen keinen legalen Status in der Türkei und sind komplett schutzlos.»

In der Sprache der Menschenhändler sind 12- bis 16-jährige Mädchen «Pistazien», 17- bis 20-jährige «Kirschen» und 20- bis 22-jährige «Äpfel». Über 22-Jährige bezeichnen die Schlepper laut der Anti-Menschenhandelsorganisation ECPAT als «Wassermelonen».

Teenager-Bräute für Männer aus den Golfstaaten

In der Stadt Gaziantep nahe der türkisch-syrischen Grenze soll es gemäss Aktivisten mehrere Märkte geben, auf denen Hunderte von Flüchtlingsfrauen- und Mädchen verkauft werden. «Reiche, ältere Männer, meist aus Saudiarabien und anderen Golfstaaten, nutzen den Krieg in Syrien aus, um sich eine Teenager-Braut zu kaufen», heisst es im ECPAT-Bericht.

Nicht nur auf den Strassen der Städte, auch immer mehr in den überfüllten türkischen (aber auch jordanischen) Flüchtlingscamps werden Frauen und Mädchen zunehmend zu Freiwild. Bei mehreren Menschenrechtsorganisationen gingen Klagen von Frauen wegen Vergewaltigungen und Versuchen von erzwungenen Heiraten ein. «Als wir die Behörden um Zutritt in die Lager von Hatay und Gaziaantep ersuchten, um uns ein Bild zu machen, liess man uns nicht herein», zitiert das Gatestone Institute den Anwalt einer türkischen NGO.

Die türkischen Behörden dementieren zwar, NGOS oder Medien den Zugang in die Flüchtlingscamps zu verwehren. Auf Anfrage bestätigt Amnesty International indes: «Generell ist es sehr schwer für Menschenrechtsorganisationen, Zugang zu den türkischen Camps zu bekommen.» So ist es mitunter internationalen NGOS unmöglich, die Lebensumstände der Menschen in den türkischen Flüchtlingslagern zu kontrollieren.

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