Merkel will Nato einbinden

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FlüchtlingskriseMerkel will Nato einbinden

Eine diplomatische Initiative soll die Kämpfe im Norden Syriens stoppen. Um den Flüchtlingsstrom zu bändigen, setzen Deutschland und die Türkei auf die Nato.

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nag
Schritte aus der Krise vereinbart: Türkeis Ministerpräsident Ahmet Davutoglu (l.) und Angela Merkel in Ankara. (8. Februar 2016)

Schritte aus der Krise vereinbart: Türkeis Ministerpräsident Ahmet Davutoglu (l.) und Angela Merkel in Ankara. (8. Februar 2016)

Keystone/Stringer

Angela Merkel hat mit der türkischen Regierung weitere Schritte vereinbart, um den Zustrom an Flüchtlingen nach Europa zu bremsen. Die deutsche Bundeskanzlerin und der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu kündigten am Montag in Ankara unter anderem eine diplomatische Initiative an, um die verstärkten Kämpfe im Norden Syriens zu stoppen. Auch solle die Nato mit Überwachung der Grenze und der Ägäis dazu beitragen, die Flüchtlingskrise zu bewältigen, sagte Davutoglu.

Es würden gemeinsame Polizeikooperationen gegen illegalen Grenzübertritt eingesetzt und die Zusammenarbeit bei der Aufdeckung von Schlepperringen fortgesetzt, so Merkel. Zudem müsse geprüft werden, wie die Arbeit der türkischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex koordiniert werden könne.

600'000 Flüchtlinge erwartet

Die Türkei werde «zusammen mit deutschen Polizisten die Grenzen sichern und Schleuser bekämpfen», sagte Davutoglu. Zudem wolle sein Land die 30'000 syrischen Flüchtlinge, die derzeit im syrischen Grenzgebiet zur Türkei ausharren, zusammen mit deutschen Hilfsorganisationen versorgen. Nach Angaben Merkels werden Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks in die Region entsandt.

Die türkische Regierung rechnet wegen der heftigen Kämpfe in der syrischen Provinz Aleppo mit bis zu 600'000 weiteren Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland. Die Zahl nannte Vizeregierungschef Numan Kurtulmus am Montag. Nach einer Kabinettssitzung bezeichnete er die Angabe allerdings zugleich als den «schlimmsten anzunehmenden Fall».

An der «Schwelle zur menschlichen Tragödie»

Merkel sagte, sie sei entsetzt über das Leid, das die russischen Luftangriffe der vergangenen Tage im Norden Syriens verursacht hätten. Man werde darauf dringen, dass alle sich an die UN-Resolutionen vom Dezember hielten, fügte sie hinzu. Davutoglu sagte, die Stadt Aleppo werde de facto belagert. «Wir stehen an der Schwelle einer menschlichen Tragödie», sagte er.

Die Türkei hatte im November eingewilligt, Schmugglernetzwerke zu bekämpfen und nicht rechtmässige Migration einzudämmen. Im Gegenzug sagte die Europäische Union Ankara drei Milliarden Euro zu, um die Bedingungen für Flüchtlinge in der Türkei zu verbessern. Zudem erklärte sich die EU zu politischen Zugeständnissen gegenüber Ankara bereit. Dazu gehören die Lockerung von Visabeschränkungen und eine Beschleunigung des Prozesses für eine türkische EU-Mitgliedschaft.

Ende der Aufnahmekapazitäten erreicht

Derzeit lässt die Türkei die Schutzsuchenden an der syrischen Grenze nicht einreisen. Die Syrer übernachten zum Teil auf offenen Feldern nahe dem Grenzübergang Bab al-Salame. Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Numan Kurtulmus hatte am Sonntag gesagt, dass sein Land das Ende seiner Aufnahmekapazitäten erreicht habe.

Der stellvertretende Ministerpräsident Yalcin Akdogan warf der EU am Montag vor, der Türkei Lektionen in Moral zu erteilen und die Flüchtlingslast dem Land aufzudrängen, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen. «Auf der einen Seite sagen sie Öffnet eure Grenzen, nehmt alle auf, auf der anderen Seite sagen sie Schliesst eure Grenze, lasst keinen durch», sagte Akdogan.

Hollande und Merkel halten zusammen

Vor ihrem Besuch in der Türkei traf sich Angela Merkel mit dem französischen Staatschef François Hollande. Beide bekräftigten ihre gemeinsame Linie in der Flüchtlingskrise. Sie seien sich einig gewesen, der Türkei bei der Umsetzung des mit der EU vereinbarten Aktionsplans zu helfen, verlautete die Botschaft aus dem Umfeld Hollandes. Eine offizielle Erklärung gaben Merkel und Hollande nach ihrem eineinhalbstündigen Gespräch unter vier Augen nicht ab. (nag/sda)

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