UnbeliebtObama laufen die Zuhörer davon
US-Präsident Barack Obama tritt im Kongresswahlkampf kaum in Erscheinung - und wenn er es tut, leert sich der Saal.
«Obama, der Paria-Präsident.» Auf diese Formel bringt der wortmächtige Kolumnist Dana Milbank in der «Washington Post» das gegenwärtige Formtief des amerikanischen Präsidenten. Selbst demokratische Kandidaten gehen in diesem Wahlherbst zu Obama auf Distanz, als sei er ein Ausgestossener. Und das Wahlvolk interessiert sich immer weniger für das, was er sagt.
Ein bemerkenswertes Spektakel war am Sonntag in Upper Marlboro, Maryland, zu verfolgen, wo Obama einen seiner sehr seltenen Wahlkampfauftritte hatte. Der Präsident war gekommen, um dem Demokraten Anthony Brown Schützenhilfe zu leisten. Brown möchte vom Stellvertreter zum Gouverneur des Gliedstaats avancieren. Doch kaum hatte Obama seine Stimme erhoben, da wurde er von einem Zwischenrufer unterbrochen, der einen Stopp der Deportationen von illegalen Ausländern forderte. Und zugleich, berichtet Reuters, «lief ein steter Strom von Leuten aus dem Auditorium».
Wie vor der Niederlage im Fussball
Milbank beobachtete dieselbe Szene. Fünf Minuten nach Beginn von Obamas Rede «begannen Leute hinauszutröpfeln», schreibt er. «Als er fertig war, hatten einige Hundert dem Präsidenten den Rücken gekehrt.» Milbank stellt den Vergleich mit Sportveranstaltungen an. Einen ähnlichen Vorgang gebe es - auf Fussball übertragen - manchmal gegen Ende der zweiten Halbzeit: Fans verlassen das Stadion, weil das Heimteam mit mehreren Toren im Rückstand liegt.
Das Desinteresse der Menge ist um so erstaunlicher, als der Anlass sorgsam ausgewählt wurde. Wie Milbank erklärt, sprach Obama in einem Wahlbezirk, der 2012 zu über 90 Prozent für ihn gestimmt hatte. Er sicherte sich eine Zuhörerschaft von 90 Prozent Afro-Amerikanern, und er wählte eine Aula in einer Schule neben der Primarschule Barack Obama Elementary School.
Rekordtiefe Zustimmung
Die Abwendung selbst der Fans spiegelt eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem Präsidenten. Nach neusten Umfragen liegt seine Zustimmungsquote derzeit im Schnitt bei 41,6 Prozent; 53,6 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind mit seiner Amtsführung nicht einverstanden:
Aussenpolitische Rückschläge durch den auftrumpfenden Islamischen Staat und das mangelnde Vertrauen in die Behörden bei der Ebola-Bekämpfung haben Obamas Status zusätzlich beschädigt.
Entsprechend ist der Präsident in umkämpften Wahlbezirken unerwünscht. Vor den in zwei Wochen stattfindenden Kongresswahlen hat er sich in keinem Gliedstaat sehen lassen, wo demokratische Anwärter für den Senat den Kampf gegen republikanische Gegner zu verlieren drohen. Eine Kandidatin in Kentucky, die Demokratin Alison Lundergan Grimes, weigert sich sogar bis heute zu verraten, ob sie 2012 ihren Wahlzettel für Obama einlegte oder nicht.
Es freut die Gegner - zu früh
Auf republikanischer Seite ist denn auch schon viel Triumphgeheul zu hören. «Obama ist fertig, tut mir leid», sagte die konservative Radiofrau Laura Ingraham am Dienstag auf Fox News. «Der Präsident kann es immer noch nicht fassen, dass er vorbei ist.»
Doch solche Zuversicht ist vorschnell. Es ist längst nicht ausgemacht, dass die Republikaner am 4. November im US-Senat die Mehrheit übernehmen und dem Präsidenten das Leben schwermachen werden. Ohnehin ist Obama noch zwei Jahre im Amt - da kann noch viel passieren.
Ein Zwischenrufer stört Obamas Rede:
(Quelle: Daily Mail)