9/11-EnthüllungenDie Fluglizenz im Couvert der Saudi-Botschaft
28 Seiten eines US-Untersuchungsberichts zu 9/11 beleuchten die Rolle der Saudis. Noch sind sie als geheim klassifiziert. Anders «Dokument 17», das brisante Details enthält.
Die neu entfachte Debatte über die möglichen Verstrickungen Saudiarabiens in die Terroranschläge vom 11. September 2001 scheint die Saudis mächtig zu verärgern. Das bekam Barack Obama zu spüren, der gerade jetzt auf Staatsbesuch in Riad ist: Nicht König Salman, sondern Prinz Faisal begrüsste den US-Präsidenten bei dessen Ankunft – während das staatliche TV den König zeigte, wie er höchstpersönlich Amtsträger anderer Golfstaaten von einem Luftstützpunkt abholte. Ein Affront der Extraklasse.
Zuvor hatte Saudiarabien bereits gedroht: Sollten 28 klassifizierte Seiten eines US-Untersuchungsberichts veröffentlicht werden, die mögliche Verbindungen zwischen den 9/11-Attentätern und Saudiarabien behandeln, werde man US-Staatsanleihen im Wert von bis zu 750 Milliarden Dollar verkaufen.
Dokumente im Boden vergraben
Während Obama sich im Mittleren Osten auf unbequemer Mission befindet, hat die Debatte um die ominösen 28 Seiten noch einmal Auftrieb erhalten. Die Aktivistenseite 28pages.org, die seit Jahren die Freigabe ebendieser Dokumente fordert, postete ein neues Dokument, das die US-Regierung unbemerkt von der Öffentlichkeit bereits vergangenes Jahr freigegeben hat: «Dokument 17». Darin ist die Rede von Ghassan al Sharbi, einem saudischen Bürger und späteren Bombenbauer der al-Qaida, der mit den 9/11-Attentätern Nawaf al Hazmi und Khalid al Midhar Flugstunden in Südkalifornien genommen hatte.
Das belegte ein Flugzertifikat, das der Mann kurz vor seiner Verhaftung 2002 in Pakistan zusammen mit anderen Dokumenten im Boden vergraben hatte. Brisanterweise steckte der Ausweis in einem offiziellen Umschlag der saudischen Botschaft in Washington.
«Das ist doch höchst interessant», sagt Bob Graham, ein ehemaliger US-Senator, der sich für die Freigabe der 28 Seiten aus dem Untersuchungsbericht starkmacht. Für ihn legt der Flugschein in dem offiziellen Couvert «eine direkte Verbindung zur saudischen Botschaft» offen. Allerdings: Bis heute konnte al Sharbi, der nach wie vor zusammen mit den 79 verbleibenden Insassen in Guantánamo einsitzt, keine direkte Verbindung an der Planung der 9/11-Anschläge nachgewiesen werden.
Und: der Flugschein im Umschlag mag allenfalls ein schwaches Indiz, aber kaum ein stichhaltiger Beweis sein, dass die saudische Botschaft möglicherweise Verbindungen zu 9/11-Terroristen hatte – immerhin könnte al Sharbi den Umschlag wiederverwendet haben, um seinen Flugschein darin aufzubewahren. Dass er als saudischer Bürger in den USA Korrespondenz von seiner Heimatbotschaft erhielt, wäre nicht ungewöhnlich.
«Phoenix-Memo» von FBI-Agent Williams
Nicht dass al Sharbi ein Unschuldslamm wäre: Nebst Sprengsätzen, die er für die al-Quaida baute, soll er auch Trainingslager in Afghanistan besucht haben. FBI-Agent Kenneth William hatte ihn bereits vor 2001 auf dem Radar und versuchte seine Vorgesetzten zu warnen.
Es gebe in Südkalifornien eine Gruppe von Islamisten aus dem Mittleren Osten, die «mit schlechten Absichten» Flugstunden nähmen, schrieb Williams damals. Nur fand sein Memo – US-Medien nennen es das «Phoenix Memo» – vor 2001 nirgends Gehör.