SyrienAssad-Partei gewinnt Parlamentswahl haushoch
Alle 200 Kandidaten der Baath-Partei und verbündeter Gruppierungen sind gewählt worden. Doch weder die Opposition noch die UNO wollen das Resultat anerkennen.

Die Wahlen wurden in einem Gebiet abgehalten, das unter der Kontrolle der Regierung steht: Bashar al-Assad (Mitte) und seine Ehefrau Asma (links) beim Urnengang. (13. April 2016).
Keystone/Syrian PresidencyDie Baath-Partei von Präsident Bashar al-Assad ist erwartungsgemäss zur Siegerin der Parlamentswahl in Syrien erklärt worden. Nach Angaben der Wahlkommission in Damaskus vom Samstagabend gewannen alle 200 Kandidaten der «Nationalen Einheitsliste», die von der Baath-Partei und verbündeten kleineren Gruppierungen gebildet wurde, einen Sitz im Parlament.
Insgesamt zählt das Abgeordnetenhaus 250 Mitglieder, Assad kann sich dort also weiterhin auf eine klare Mehrheit seiner seit fünf Jahrzehnten herrschenden Partei stützen.
Die Wahlkommission gab die Beteiligung mit knapp 58 Prozent an. Abstimmen durften nur jene Wahlberechtigten in dem Bürgerkriegsland, die in Gebieten unter Kontrolle der Regierungskräfte stehen. Nach Angaben der Kommission hatten sich mehr als 11'000 Kandidaten für die Abstimmung aufstellen lassen.
UNO will Ergebnis nicht anerkennen
Es war das zweite Mal seit Beginn des Bürgerkriegs 2011, dass die syrische Führung ein neues Parlament wählen liess. Die syrische Opposition hatte zum Boykott des Urnengangs aufgerufen.
Auch die Vereinten Nationen wollen das Ergebnis nicht anerkennen: Sie plädieren dafür, im Rahmen eines Friedensprozesses in den nächsten 18 Monaten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abzuhalten.
Neue Verhandlungsrunde in Genf
In Genf wies die syrische Opposition einen Vorschlag der UNO zur Bildung einer Übergangsregierung unter Einschluss von Präsident Bashar al-Assad zurück. «Wir haben diesen Vorschlag kategorisch abgelehnt», sagte ein Vertreter des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) am Samstag.
Der UNO-Sondergesandten Staffan de Mistura habe der Opposition am Freitagabend in Genf einen Vorschlag unterbreitet, demzufolge Assad drei Stellvertreter des HNC an die Seite gestellt würden, während er selbst nur noch eine repräsentative Funktion behalte. De Mistura habe gehofft, damit den «Teufelskreis» in der Debatte über die Übergangsregierung zu durchbrechen.
Am Mittwoch hatte in Genf eine neue Verhandlungsrunde begonnen. Dabei soll es um die Bildung der Übergangsregierung und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für Syrien gehen. Am Ende der auf 18 Monate angesetzten Übergangsphase soll es Neuwahlen geben. Am Montag ist ein weiteres Treffen zwischen de Mistura und der HNC-Delegation geplant.
Assad ist Hauptstreitpunkt
Der HNC-Sprecher Salem al-Meslet hatte am Freitagabend gesagt, Voraussetzung für die Bildung einer Übergangsregierung sei Assads Abtritt. Zu einer Interimsregierung unter Einschluss von «Technokraten und Diplomaten» aus Assads Umfeld sei das HNC bereit. Das HNC war auf Initiative Saudi-Arabiens als Bündnis verschiedener Rebellen- und Oppositionsgruppen gegründet worden und wird vom Westen unterstützt.
Das Schicksal von Assad ist ein Hauptstreitpunkt bei den Verhandlungen: Während die Opposition auf seinem sofortigen Abtritt besteht und ein «Interimsregierung» ohne Assad bilden will, will die Regierung eine «Einheitsregierung» unter Führung des Staatschefs bilden.
Verschärfte Lage in Provinz Aleppo
Unterdessen verschärfte sich die Situation in der Provinz Aleppo weiter. Human Rights Watch erklärte, eine Offensive der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) habe 30'000 Menschen in die Flucht getrieben. Mehr als 100'000 Menschen seien zwischen Aleppo und der türkischen Grenze gefangen, sagte ein Vertreter der Menschenrechtsorganisation. Viele schliefen im Freien ohne Essen und Wasser.
Die IS-Miliz eroberte am Samstag mehrere Gebiete von den Regierungstruppen und rivalisierenden Rebellengruppen zurück.
Laut der Beobachtungsstelle wurden am Sonntag elf Zivilisten in der zwischen Regierung und Rebellen geteilten Grossstadt Aleppo getötet. Sechs Menschen seien in von Rebellen gehaltenen Vierteln beim Bombardement der Luftwaffe getötet worden, woraufhin die Rebellen Raketen auf die Viertel unter Kontrolle der Regierung gefeuert und fünf Zivilisten getötet hätten.
Seit Ende Februar gilt in Syrien eine Waffenruhe zwischen der Regierung und den moderaten Rebellen, doch sind die IS-Miliz und die islamistische Al-Nusra-Front nicht Teil der Vereinbarung. (sep/sda)