Burner PhoneWie sich Terroristen hinter Einweg-Handys verstecken
Die Attentäter von Brüssel gingen womöglich gleich vor wie die in Paris: Anstatt zu texten, sprachen sie sich mit ständig neuen Wegwerf-Handys ab.
Vor den blutigen Anschlägen in Brüssel diskutierten Terrorexperten in aller Welt über Handy-Datenschutz und bezogen Stellung für oder gegen Apple im Streit mit der US-Justiz. Die Brüsseler Attacken legen nun nahe, dass diese Frage gar nicht so zentral sein könnte, wenn es um die Verhinderung weiterer Anschläge geht. Gewiefte Massenmörder benutzen ihr Handy nämlich nur zum Reden.
Die Ermittlungen im Nachgang der Anschläge von Paris vom 13. November 2015 ergaben, dass die dortigen Täter ihre Mobiltelefon äusserst diszipliniert einsetzten, um ja nicht entdeckt zu werden. Nach der «New York Times», die sich auf einen 55-seitigen Bericht der französischen Antiterrorismuspolizei stützt, fanden die Fahnder keinerlei E-Mails oder andere Spuren elektronischer Kommunikation auf den sichergestellten Geräten.
«Burner Phones» zur Spurenverwischung
Die Experten vermuten, dass die Angreifer Verschlüsselungssoftware verwendeten. Um welche Programme es sich handelt, müssen sie erst herausfinden. Zur konkreten Absprache vor den Angriffen setzten sie jedoch keinerlei Mails, Texte oder Messages auf Sozialplattformen ein. Stattdessen benutzten sie Prepaid-Handys zum Wegwerfen, sogenannte «Burner Phones».
Nach dem Anschlag fand die Polizei vor der Bataclan-Musikhalle in einem Abfallkorb ein weisses Samsung-Handy. Es enthielt eine belgische SIM-Karte, die erst am Tag zuvor aktiviert worden war. «Mit dem Telefon wurde nur eine Nummer angewählt, die eines nicht identifizierten Abonnenten in Belgien», schreibt die «Times». Darüber hinaus fanden die Ermittler Fotos vom Grundriss der Konzerthalle und Web-Suchresultate beim Ticket-Verkäufer fnacspectacles, auf bataclan.fr und nach der Phrase «Eagles of Death at the Bataclan.»
Eine Stunde vor Detonation aktiviert
Wo immer die Fahnder hingingen, stiessen sie auf «Burner Phones». In einer Villa in Bobigny, die von einem der Täter mit dem Namen Ibrahim Abdeslam gemietet wurde, fanden sie zwei nagelneue Handys noch in ihren Schachteln. Die Angreifer der Restaurants riefen mit ihren ebenfalls neuen Telefonen vor den Attacken Nummern in Belgien an. Und Bilal Hadfi, der jüngste der Terroristen von Paris, sprach auf einem Überwachungsvideo in ein Handy, das erst eine Stunde vor der Detonation aktiviert wurde. Laut «Times» war am bemerkenswertesten: «Auf keinem der Handys tauchte ein einziges E-Mail oder ein Online-Chat der Angreifer auf.»
Die Verwendung von Wegwerf-Mobiltelefonen ist älter als der aktuelle islamistische Terror. Doch die Mitglieder und Anhänger der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) beweisen mit dem Gebrauch von «Burner Phones», dass sie über die gegen sie gerichteten Fahndungstechniken Bescheid wissen. Und sie sind den Antiterrorkämpfern eine Nasenlänge voraus.
Terrornetzwerke infiltrieren
Es ist denkbar, sogar wahrscheinlich, dass die jüngste Terrorschläge von Brüssel ebenfalls mit Einsatz von «Burner Phones» organisiert wurden. Die Abwehr-Experten werden sich auf diese neue Taktik einstellen müssen. Wie US-Experten betonen, erfordert dies verstärkte «human intelligence». Das heisst: Terrornetzwerke müssen mit Spionen infiltriert werden, wenn sie aufgedeckt werden sollen.