53 Tote bei Übergriff auf Grenzstadt

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Tunesien53 Tote bei Übergriff auf Grenzstadt

Bewaffnete greifen von Libyen aus die tunesische Grenzstadt Ben Guerdane an. Das Chaos in Libyen droht die Region zu destabilisieren.

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mch
Die junge tunesische Demokratie verteidigt sich: Ein Mitglied der tunesischen Spezialeinheiten gibt Handsignale zu seinen Kameraden während den Kämpfen heute in Ben Guerdane in Tunesien. (7. März 2016)

Die junge tunesische Demokratie verteidigt sich: Ein Mitglied der tunesischen Spezialeinheiten gibt Handsignale zu seinen Kameraden während den Kämpfen heute in Ben Guerdane in Tunesien. (7. März 2016)

AFP/Fathi Nasri

Bei Kämpfen an der tunesischen Grenze zu Libyen sind mindestens 53 Menschen getötet worden. Wie der tunesische Innenministeriumssprecher Yasser Mosbah sagte, attackierten Bewaffnete am Montag ein Polizeirevier und Militäreinrichtungen im Grenzort Ben Guerdane. Der Angriff kostete 35 «Terroristen», sieben Zivilisten und elf Mitglieder der tunesischen Sicherheitskräfte das Leben, wie das Innen- und das Verteidigungsministerium erklärten.

Die Gefechte zwischen tunesischen Kräften und extremistischen Angreifern gehörten zu den bislang schwersten dieser Art. Zwei mit der Terrormiliz Islamischer Staat verbundene Internetseiten berichteten, Mitglieder der Organisation seien an den Kämpfen beteiligt. Für den Überfall verantwortlich erklärte sich aber zunächst niemand.

«Im Kriegszustand mit der Barbarei»

Der tunesische Präsident Beji Caid Essebsi sprach von einem beispiellosen Angriff, dessen Ziel es möglicherweise gewesen sei, die Region unter Kontrolle zu bringen und ein «Emirat» auszurufen. «Die Mehrheit der Tunesier ist jetzt im Kriegszustand mit der Barbarei», sagte Essebsi.

Das Militär schickte Verstärkungen und Hubschrauber in die Region. Der Innen- und der Verteidigungsminister reisten an, um die Aktion zu überwachen. Hunderte Angreifer wurden noch gesucht. Die Behörden riefen die Menschen auf, in ihren Häusern zu bleiben. Über Ben Guerdane wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Die nahegelegenen Touristenzentren Djerba und Zarzis seien nicht betroffen, hiess es.

Unter den Getöteten war ein zwölf Jahre altes Mädchen. Nach Angaben derMinisterien wurden die zwei Grenzübergänge von Tunesien nach Libyen wegen desAngriffs geschlossen.

Es droht eine Destabilisierung der Region

Der deutsche Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Attacke auf die Grenzstadt scharf. «Der Versuch, mit Mord und Gewalt die tunesische Demokratie zu destabilisieren, darf nicht gelingen», hiess es in einer Pressemitteilung des Auswärtigen Amts. Das französische Aussenministerium erklärte, bei den Bewaffneten handele es sich um «von libyschem Territorium kommende Terroristen».

Es ist bereits der zweite Gewaltausbruch dieser Art im Grenzgebiet binnen weniger Tage. In Libyen breiten sich nach dem Zerfall der staatlichen Ordnung Milizen und islamistische Gruppen aus, darunter die IS-Terrormiliz. Tunesien hat zwar eine demokratisch gewählte Regierung, wird aber von Terroranschlägen und dem Chaos im Nachbarland immer mehr geschwächt. Die Sorge wächst, gewalttätiger Extremismus in Libyen könnte die Region destabilisieren.

Vergangene Woche hatten tunesische Sicherheitskräfte nach einem stundenlangen Feuergefecht mit Angreifern fünf Menschen getötet. Schon vorher waren die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft versetzt worden, weil es Informationen über Versuche zur «Infiltrierung» über die Grenze gebe. Am 19. Februar hatten die USA ein Ausbildungslager der Terrormiliz IS in der Nähe der libyschen Stadt Sabrata unweit der Grenze bombardiert. (mch/sda)

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