Töfffahrer überrolltMotorrad-Gang terrorisiert Familienvater
Eine Horde Biker umschwärmte ein Auto, provozierte dessen Flucht und schlug nach einer Verfolgungsjagd den Lenker zusammen. Resultat: Ein gelähmter Motorradfahrer.
Sie gehörten nicht einmal den berüchtigten Hells Angels an. Doch die rund 100 Motorradfahrer des Bikerclubs «Hollywood Stuntz» verhielten sich letzten Sonntag in Manhattan so, als gehörte ihnen die Strasse. Ihr kollektives Imponiergehabe führte zu einer Kette schlimmer Ereignisse, nach deren Ende ein Familienvater blutig geprügelt wurde, ein Biker mit gebrochenen Beinen gelähmt im Spitalbett endete und ein weiterer Motorradfahrer wegen Bedrohung und rücksichtsloser Gefährdung angeklagt wurde.
Am liebsten hätte der Club an seinem jährlichen Grosstreffen die Schar der lauten Maschinen über den zentralen Times Square in Manhattan gelenkt. Doch die Cops wollten verhindern, dass es wie letztes Jahr zu gefährlichen Szenen kommt. Sie stellten Checkpoints auf und liessen keine Bikes durch Midtown kurven. Da beschlossen die Töfffahrer - die meisten in Lederkluft, einige mit kurzberockten Girls auf dem Sozius -, sich auf dem West Side Highway auszutoben, einer Ausfallstrasse entlang des Hudson River.
Die Strasse soll ihnen gehören
Sie gingen so vor wie offenbar immer bei solchen Anlässen. Am frühen Nachmittag platzierten sich Biker-Gruppen in den Einfahrten zu der vierspurigen Strasse, um Autofahrer vom Highway fernzuhalten. Die Zweirad-Gang wollte die Strasse freiräumen, um ungestört ihre Fahrkapriolen vollführen zu können. Zum gleichen Zweck wurden bereits auf dem Highway fahrende Autos durch Horden langsam fahrender Bikes ausgebremst.
Davon betroffen wurde die Familie eines 33-jährigen Internet-CEO. Alexian Lien war zusammen mit seiner Frau Rosalynn Ng und einer zweijährigen Tochter in einem schwarzen Range Rover nordwärts unterwegs, als er sich plötzlich von stetig langsamer fahrenden Töffs umringt sah.
«Mad Max»-Instinkte erwachten
Auf dem ungeschnittenen Video einer Helmkamera ist genau festgehalten, was danach passiert: Als einer der Biker vor dem Geländewagen unvermittelt anhält, steht Familienvater Lien zu spät auf die Bremse und rammt das Motorrad vor ihm. Wutentbrannt umringen die Biker das Auto und beginnen, mit ihren Helmen darauf einzuschlagen. Angeblich reissen sie einen Rückspiegel weg. Da gerät Lien offenbar in Panik und tritt aufs Gaspedal, um zu flüchten. Dabei überrollt er den 26-jährigen Biker Edwin «Jay» Mieses, bricht ihm beide Beine und verletzt seine Wirbelsäule so, dass er womöglich gelähmt bleibt.
Jetzt gehorchen die Biker ihren «Mad Max»-Instinkten. Sie nehmen sofort die Verfolgungsjagd auf und bringen den Range Rover nach vier Kilometern auf einer Nebenstrasse zum Stehen. Sie schlagen die Fensterscheiben ein, zerren den Lenker heraus und verprügeln ihn, so dass er sich in der Notfallabteilung Wunden im Gesicht nähen lassen muss. Die letzte Prügelszene ist allerdings auf keinem Video zu sehen.
Drei Biker im Visier der Polizei
Weil er Todesangst geltend machen kann, wird dem Autolenker bislang nichts vorgeworfen. Am Mittwoch wurde jedoch der 28-jährige Biker Christopher Cruz der rücksichtslosen Gefährdung angeklagt. Ein weiterer Motorradfahrer, der 43-jährige Allen Edwards, meldete sich selbst bei der Polizei und könnte auch angeklagt werden. Angeblich schlug er die Fensterscheibe des Range Rover ein. Ein dritter Biker wird noch gesucht.
Der Ausritt der Hollywood Stuntz fiel schon vor seinem schlimmen Ende negativ auf. «Wir haben am Sonntag über 200 Telefonanrufe erhalten, die sich wegen der Rücksichtslosigkeit dieser Gruppe beschwerten», sagte New Yorks Polizeichef Raymond Kelly zur «New York Times». Laut Polizeimajor Michael Kopy kommen die gefährlichen Manöver in den Sommermonaten öfters vor: «Wir beobachten eine Zunahme der Zahl von Gruppen, die jeweils die ganze Strasse übernehmen, um den Verkehr zu verlangsamen und anderen zu ermöglichen vorauszurasen.»