MammutprojektNeuer Sarkophag für Tschernobyl-Reaktor
Zum 26. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe erfolgte am Donnerstag der offizielle Baubeginn des neuen Schutzmantels. Zudem gedachte die Ukraine dem schlimmsten Atomunglück aller Zeiten.
Es war das bisher schlimmste Atomunglück weltweit: Die Ukraine hat am Donnerstag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor genau 26 Jahren gedacht. Staatschef Viktor Janukowitsch leitete mit einem symbolischen Knopfdruck die Bauarbeiten für die neue Schutzhülle um den Unglücksreaktor ein.
Diese wird umgerechnet schätzungsweise 1,8 Milliarden Euro kosten. Janukowitsch dankte am Reaktor im Beisein von Bauarbeitern sowie den Botschaftern Chinas und Japans den Geberländern, die bei der Finanzierung des Grossprojekts helfen.
Bislang flossen aus dem Ausland rund 550 Millionen Euro in einen entsprechenden Fonds, den Rest steuert die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bei. Die 20 000-Tonnen-Konstruktion hat eine Spannweite von 257 Metern. Sie soll 2015 fertiggestellt sein und die kommenden hundert Jahre halten.
Der nach dem Unglück zur Eindämmung der radioaktiven Strahlung errichtete Beton-Sarkophag über dem zerstörten Reaktor war über die Jahre brüchig geworden. Die Regierung der Ukraine hatte deswegen eine neue Schutzhülle in Auftrag gegeben.
Aufräumer der Trümmer fordern IV-Renten
Bei Protesten in Kiew forderten am Donnerstag 500 sogenannte Liquidatoren, die nach dem Super-Gau 1986 die verstrahlten Trümmer in Tschernobyl beseitigt hatten, die Auszahlung ihrer Invalidenrenten in voller Höhe.
Zwar sei 2011 eine Kürzung der Zahlungen per Gerichtsentscheid zurückgenommen worden, sagten Redner nach Angaben örtlicher Medien. Die volle Summe hätten sie aber nicht erhalten.
Opferzahl umstritten
Der Tschernobyl-Block vier war am 26. April 1986 explodiert. Die Detonation wirbelte über Tage radioaktive Teilchen in die Luft, die Strahlung war 400 Mal so stark wie beim US-Atombombenabwurf auf Hiroshima 1945. Von der Ukraine breitete sich die abgeschwächte Wolke über weite Teile Europas aus.
Die Frage, wie viele Todesopfer es einschliesslich der späteren Strahlenopfer gab, ist bis heute umstritten. Die Antworten reichen je nach Annahmen von «weniger als 50» bis zu 60 000 in der Region und sogar 1,44 Millionen weltweit. Meist wird von 10 000 bis 100 000 Toten ausgegangen. 120 000 Menschen wurden umgesiedelt.
Um den Reaktor gibt es bis heute ein grosses Sperrgebiet. Die finanziell angeschlagene Ex-Sowjetrepublik, im Juni Co-Gastgeber der Fussball-EM, hatte 2011 bei einer internationalen Tschernobyl- Geberkonferenz Spendenzusagen von rund 670 Millionen Euro für einen neuen Schutzmantel erhalten. (sda)