Frage an Hamas-ChefWarum riskiert die Hamas das Leben von Zivilisten?
In einem Interview mit CNN International weist Hamas-Chef Chalid Maschal jede Mitschuld am Krieg in Gaza von sich. Frieden sei erst möglich, wenn Israel die Besetzung aufgebe.
Zwischen Israel und militanten Palästinensergruppen im Gazastreifen begann am Mittwochmorgen um 08.00 Uhr Ortszeit (07.00 Uhr/MESZ) eine dreitägige Waffenruhe. Die Zeit soll unter anderem für eine längerfristige Vereinbarung zwischen beiden Seiten genutzt werden.
Das dürfte nicht einfach sein. Premierminister Benjamin Netanyahu fordert unter anderem, dass die im Gazastreifen herrschende Hamas keine Tunnels mehr unter der Grenze nach Israel gräbt und über keine verbleibenden Raketenlager verfügt.
Ende der Besetzung für Hamas am wichtigsten
Die Hamas wiederum verlangt von Israel, es müsse «die Grenzübergänge öffnen und die Belagerung beenden ? Der wichtigste Punkt ist, dass die Besetzung und der Bau von Siedlungen aufhört, denn dies ist die Wurzel des Konflikts», sagte der politische Führer der Hamas, Chalid Maschal. Der 58-Jährige gab am Sonntag in seinem Exil in Katar CNN International ein Exklusiv-Interview (siehe Video oben).
Maschals Forderungen betreffen nicht nur den Gazastreifen, sondern ganz Palästina einschliesslich des Westjordanlands. Die im Westen als terroristische Organisation geltende Hamas hat das Existenzrecht Israels nie anerkannt. Wenn Maschal von «Besetzung» spricht, meint er daher auch das Territorium des Kernstaats Israel.
Israels Behauptungen seien «Lügen»
In dem Interview fragt Robertson, warum die Hamas Raketen von Stellungen in Wohngebieten abfeuere. Maschal antwortet mit Zahlen und vergleicht die 1700 angeblich von Israel getöteten palästinensischen Zivilisten mit den 63 von der Hamas getöteten israelischen Soldaten: «Wir töten Soldaten, während sie palästinensische Zivilisten töten.» Aus Maschals Perspektive «opfert sich die Hamas für das Volk auf und braucht es nicht als menschliche Schutzschilde, um seine Soldaten zu schützen». Wer behaupte, dass die Hamas das Leben der Menschen in Gaza aufs Spiel setze, um internationale Sympathie zu erlangen, der sei ein Lügner, so Maschal weiter.
Der Hamas-Führer gibt sich siegessicher. «Unsere Standhaftigkeit ist selbst schon ein Sieg», sagt er. Die Gegenfrage, was für ein Sieg das sei, wenn so wenige israelische Soldaten und so viele Palästinenser sterben, lässt er unbeantwortet. Dafür sagt er: «Der einzige Weg, die Besetzung loszuwerden und einen Staat zu errichten, ist Widerstand, wie das alle Völker der Welt getan haben.»
Geld nur für humanitäre Zwecke?
Den Vorwurf, die Hamas nehme von arabischen Staaten wie Katar Geld für die Herstellung von Waffen entgegen, lässt Maschal nicht gelten. «Wir erhalten finanzielle Unterstützung von arabischen und muslimischen Nationen, nicht von Staaten. Alles Geld wird direkt dazu verwendet, die menschlichen Bedürfnisse unseres Volks zu befriedigen», sagt er.
Am Schluss fasst Maschal zusammen: «Die Hamas kämpft auf ehrenhafte Weise gegen die Israelis. Die Pflicht von Soldaten ist es, ihr Volk zu beschützen, doch Israel tötet Zivilisten.» Diese Aussage ist wie ein Spiegelbild dessen, was Israels Regierung über den Gaza-Krieg sagt. Wenn zwei Seiten verkehrt dasselbe sagen, reden sie aneinander vorbei - und der Frieden ist fern.