800'000 demonstrieren gegen «Charlie Hebdo»

Aktualisiert

Tschetschenien800'000 demonstrieren gegen «Charlie Hebdo»

In Tschetschenien haben hunderttausende Menschen gegen die Mohammed-Karikatur von «Charlie Hebdo» demonstriert. Auch in Afghanistan und im Iran kommt es zu Protesten.

Hunderttausende Demonstranten haben sich in der Hauptstadt der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien versammelt, um gegen die Mohammed-Karikaturen in der neuen «Charlie Hebdo»-Ausgabe zu protestieren.
Der Menschenandrang vor der grossen Moschee war riesig.
Präsident Ramsan Kadyrow rief: «Das ist eine Kundgebung gegen diejenigen, die die islamische Religion beleidigen.»
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Hunderttausende Demonstranten haben sich in der Hauptstadt der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien versammelt, um gegen die Mohammed-Karikaturen in der neuen «Charlie Hebdo»-Ausgabe zu protestieren.

Keystone/AP/Musa Sadulayev

Unter Allahu-Akbar-Rufen (Gott ist gross) zogen rund 800'000 Demonstranten vor die grosse Moschee in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. Dort rief der Kreml-treue Präsident Ramsan Kadyrow: «Dies ist eine Kundgebung gegen diejenigen, die die islamische Religion beleidigen.» Der staatlich organisierte Protest richte sich auch gegen Regierungen, die den Nachdruck der Mohammed-Karikatur erlaubten. Er trug dabei eine Weste mit der Aufschrift «Wir lieben den Propheten Mohammed». Die Teilnehmer trugen Plakate mit den Worten: «Hände weg von unserem geliebten Propheten» und «Europa hat uns nur näher zueinander gebracht».

Am Sonntag hatte Kadyrow erklärt, er erwarte «hunderttausende» Demonstranten. Am Freitag schrieb er auf Instagram, wer «Charlie Hebdo» verteidige, gehöre zu seinen «persönlichen Feinden». Das russische Fernsehen übertrug die Kundgebung am Montag live. Zu sehen war, wie Teilnehmer Luftballons mit roten Herzen aufsteigen liessen und ihre Liebe zum Propheten Mohammed bekundeten.

Anfänglich Unterstützung

Am Samstag waren in Inguschetien, einer weiteren muslimischen Kaukasus-Republik, 15'000 Menschen gegen «Charlie Hebdo» auf die Strassen gezogen.

Die russische Regierung hatte sich nach dem Anschlag in Paris zunächst solidarisch mit dem Satire-Magazin gezeigt. Nachdem die überlebenden Zeichner in ihrer neuen Ausgabe einen weinenden Mohammed auf der Titelseite druckten, wendete sich das Blatt. Die Medienaufsicht in Moskau stellte den Nachdruck der Karikatur unter Strafe. Sie forderte die Medien auf, «andere Methoden zu wählen, um ihre Solidarität mit ihren tragisch getöteten französischen Kollegen auszudrücken».

Afghanen verbrennen französische Fahnen

Auch im Iran und in Afghanistan protestierten Menschen gegen die Veröffentlichung der Karikaturen. Hunderte Iraner riefen bei einem Protest den Slogan «Tod Frankreich». Einige der vorwiegend studentischen Demonstranten verlangten die Schliessung der Botschaft und die Ausweisung des Botschafters. Sie verbrannten israelische und US-Flaggen. Der Iran hatte den Anschlag auf die Redaktion der Zeitschrift verurteilt. Teheran kritisierte aber auch das neue Titelblatt.

Gegen «Charlie Hebdo» zogen am Montag auch mehrere Hundert Afghanen in Dschalalabad auf die Strasse. Sie wünschten Frankreich den Tod und verbrannten französische Fahnen. Zudem verlangten sie die Schliessung der französischen Botschaft in Kabul und eine Entschuldigung der Regierung in Paris bei allen Muslimen.

Es war bereits der dritte Tag in Folge, an dem es in Afghanistan zu Protesten gegen die Zeitung kam. Am Wochenende hatten Muslime auch in mehreren anderen Ländern demonstriert. Im Westen wird die neue Ausgabe von «Charlie Hebdo» hingegen als historisch gewertet. Sie ist bereits millionenfach verkauft worden.

Gewalt und Brände in Niger

Bei den gewaltsamen Anti-«Charlie»-Protesten in der Hauptstadt von Niger wurden 45 Kirchen niedergebrannt. Ausserdem wurden bei der Gewaltorgie am Samstag in Niamey fünf Hotels, 36 Getränkeläden, ein Kinderheim und eine christliche Schule geplündert und in Brand gesetzt.

Das sagte Polizeisprecher Adily Toro am Montag. Neben fünf Toten habe es 128 Verletzte gegeben, 189 Menschen seien festgenommen worden.

In dem westafrikanischen Land hatte sich die Wut über die Mohammed-Karikatur in der jüngsten Ausgabe des französischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» bereits am Freitag in tödlicher Gewalt entladen.

In der zweitgrössten Stadt Zinder war es nach dem Freitagsgebet zu Plünderungen und Brandanschlägen gekommen, denen ebenfalls fünf Menschen zum Opfer fielen. Präsident Mahamadou Issoufou kritisierte die gewalttätigen Demonstranten in Zinder und Niamey scharf. Sie hätten «nichts vom Islam verstanden», sagte er am Sonntag. (sda)

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