SchuldenkriseAthen will Sparauflagen lockern
Griechenland will mehr Zeit für seinen Sparkurs. Steuern sollen nicht weiter erhöht, Renten und Löhne sollen nicht gekürzt werden. Brüssel und Berlin warnen jedoch vor zu vielen Zugeständnissen.

Antonis Samaras Arzt hat nach einer Augenoperation wegen einer beginnenden Netzhautablösung dem neuen griechischen Ministerpräsidenten verboten, zu fliegen.
Die neue Regierung in Athen will durchsetzen, dass die Sparauflagen für das Land um zwei Jahre gestreckt werden. «Keine weiteren Kürzungen der Löhne und Renten; keine neuen Steuern», führt der Koalitionsvertrag als allgemeines Ziel an.
Brüssel und Berlin warnten vor allzu vielen Zugeständnissen. «Man muss berücksichtigen, dass mehr Flexibilität bei der zeitlichen Umsetzung auch mehr finanzielle Anstrengungen der Mitgliedsländer bedeutet», sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy der deutschen «Welt am Sonntag».
Ausgerechnet vor wichtigen Verhandlungen in dieser Woche fielen zwei Schlüsselfiguren der neuen Regierung aus. Ministerpräsident Antonis Samaras muss nach einer Augenoperation eine Woche lang zu Hause bleiben und kann nicht am EU-Gipfel teilnehmen. Auch der designierte Finanzminister Vasilios Rapanos muss sich nach einem Schwächeanfall schonen.
Aus diesem Grund wurde am Sonntag auch der für Montag geplante Besuch der sogenannten Troika in Athen verschoben. Ein neuer Termin für den Beginn des Kontrollbesuchs der Gläubiger Athens stehe noch nicht fest und solle in einigen Tagen vereinbart werden, hiess es aus griechischen Regierungskreisen.
Die Kontrolleure der Geldgeber von EU, europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) wollen einen Kassensturz machen und Beratungen mit der neuen Regierung aufnehmen. Ein Ergebnis der Überprüfung wird Anfang Juli erwartet.
EU-Gipfel in Brüssel
Am Donnerstag und Freitag steht die Schuldenkrise in Europa auf dem Programm des EU-Gipfels in Brüssel. Dabei vertritt Aussenminister Dimitrios Avramopoulos das pleitebedrohte Land.
Die Regierung in Athen wolle den Weg für mehr Wachstum einschlagen und Teile des Sparpakts ändern, heisst es in der Einleitung des Koalitionsvertrags, der am Wochenende bekanntwurde. Dabei solle weder vom europäischen Kurs abgewichen noch der Verbleib Griechenlands in der Eurozone gefährdet werden.
Man werde aber auch «Ungerechtigkeiten rückgängig machen», die es bei Renten und kleinen Gehältern in den vergangenen Jahren gegeben habe. Arbeitslosengeld soll statt bislang ein Jahr künftig 24 Monate gezahlt werden. Bei aller Verschlankung der staatlichen Strukturen soll es keine Entlassungen mehr geben.
Die Zahl der Staatsbediensteten soll stufenweise reduziert werden, indem nur eine von zehn Stellen wieder besetzt wird, die durch Pensionierungen frei werden. Der Sparpakt sieht bislang vor, dass in den nächsten zwei Jahren rund 150'000 Staatsbedienstete entlassen werden.
Flüchtlingswelle stoppen
Die Flüchtlingswelle soll durch schärfere Kontrollen möglichst gestoppt werden. Migranten sollen im ganzen Land verteilt werden und nicht nur in heruntergekommenen Stadtteilen von Athen und anderen Städten leben.
Eine grosse Mehrheit der 254 Mio. Bürger in den vier wichtigsten Euro-Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien ist davon überzeugt, dass Griechenland das in der Euro-Krise geliehene Geld nie zurückzahlen wird. Das ergab eine repräsentative Umfrage des französischen Ifop-Institutes für «Bild am Sonntag», «Le Journal du Dimanche» (Frankreich), «Corriere della Sera» (Italien) und «ABC» (Spanien).
Danach rechnen 85 Prozent der Franzosen, 84 Prozent der Deutschen, 72 Prozent der Spanier und 65 Prozent der Italiener damit, dass ihre Länder das an Griechenland verliehene Geld nie wiedersehen. Als Konsequenz befürwortet ein Grossteil den Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone - in Deutschland 78 Prozent, in Frankreich 65 Prozent, in Spanien und Italien 51 bzw. 49 Prozent.
(sda)