Attentäter von BerlinAmri war 7-mal Thema im Anti-Terror-Zentrum
Der Attentäter von Berlin stand im Fokus verschiedener Behörden. Einmal wegen Sozialbetrugs. Aber auch bei den Anti-Terror-Ermittlern war er Thema – mindestens siebenmal.
Anis Amri, der Attentäter von Berlin, war den deutschen Behörden schon länger bekannt. Sie wussten auch, dass der Tunesier mehrere Identitäten verwendete – und liessen ihn absichtlich gewähren. So führte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Mann extra unter falschem Namen, um ihn in Sicherheit zu wiegen, wie Spiegel.de schreibt.
Gegen Amri liefen nämlich Ermittlungen wegen Sozialbetruges, die man offenbar nicht gefährden wollte. Offenbar bezog er im November letzten Jahres mehrfach Sozialleistungen. Die Staatsanwaltschaft Duisburg eröffnete deswegen im April 2016 ein Verfahren gegen Amri.
Er war siebenmal Thema bei Terrorabwehrzentrum
Wie «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR unter Berufung auf Ermittler berichten, beschäftigte sich auch das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin zwischen Februar und November dieses Jahres mit Amri – mindestens siebenmal sei dort über ihn gesprochen worden.
Interne Behördenunterlagen beschreiben demnach seinen Werdegang in Deutschland. Die Unterlagen wurden offenbar nur fünf Tage vor dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verfasst.
Anschlag durch Amri «unwahrscheinlich»
Demnach suchte der Tunesier im Internet Anleitungen zum Bau von Rohrbomben und zur Herstellung von Sprengstoffen wie TNT. Zudem wollte er schon im Februar Kontakt zur Jihadistenmiliz «Islamischer Staat» aufnehmen und bot sich als Selbstmordattentäter an.
Mindestens zweimal sei im GTAZ deswegen auch die Frage diskutiert worden, ob Amri einen konkreten Anschlag in Deutschland plane. Beide Male sei dies jedoch als unwahrscheinlich eingestuft worden.
Bremssystem verhinderte noch Schlimmeres
Wie «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR weiter berichten, war der Lastwagen, der am 19. Dezember in einen Berliner Weihnachtsmarkt fuhr, nur deshalb nach 70 bis 80 Metern zum stehen gekommen, weil die Zugmaschine mit einem automatischen Bremssystem ausgerüstet war. Dieses reagiere auf einen Aufprall und betätige dann automatisch die Bremsen.
«Diese Technik hat Leben gerettet», zitieren die Medien Berliner Regierungskreise. Zunächst war spekuliert worden, der polnische Lastwagenfahrer könnte dem Attentäter ins Lenkrad gegriffen und damit Schlimmeres verhindert haben. Offenbar wurde der Pole jedoch schon einige Zeit vor dem Anschlag durch einen Kopfschuss verwundet und war somit nicht mehr handlungsfähig.
Amri hatte nach bisherigen Ermittlungen am Montag vergangener Woche einen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert. Bei dem Anschlag wurden zwölf Menschen getötet, darunter der polnische LKW-Fahrer. In der Nacht zum Freitag wurde Amri nach mehrtägiger Flucht in einem Mailänder Vorort bei einer Polizeikontrolle getötet.
Am Mittwoch liess die Bundesanwaltschaft einen 40-jährigen Tunesier festnehmen, der in Kontakt zu Amri gestanden haben soll. Nach ersten Ermittlungen könnte er in den Anschlag eingebunden gewesen sein: Seine Telefonnummer wurde in Amris Handy am Tatort gefunden. Aus dem Führerhaus des Lkw chattete Amri nur Minuten vor der Tat mit einem Glaubensbruder. Es ist unklar, ob es sich dabei um den festgenommenen Tunesier handelte. Amri schrieb: «Mein Bruder, alles in Ordnung, so Gott will. Ich bin jetzt im Auto, bete für mich, mein Bruder, bete für mich.» Später verschickte er ein Selfie aus dem Lkw. (gux/bee/afp)