Protest gegen BankenDas ist ein Sieg für «Blockupy»
Rund 20 000 Demonstranten haben in Frankfurt gegen die Macht der Banken mobil gemacht. Dass sie weitestgehend auf Gewalt verzichtet haben, wird als Erfolg für die Bewegung gewertet.
Aller Befürchtungen der Stadt zum Trotz: In der Bankenmetropole Frankfurt am Main haben am Samstag ungefähr 20 000 Menschen ihren Unmut über die europäische Finanzpolitik weitgehend friedlich zum Ausdruck gebracht. Die etwa 5000 Beamten, die überwiegend mit voller Montur auftraten, mussten so gut wie nicht einschreiten. Die Aktivisten warfen den Polizisten wiederum gezielte Provokation vor.
«Politik und Polizei haben alles dafür getan, damit es zu einer Eskalation kommt», sagte ein Sprecher des «Blockupy»-Bündnisses nach der Veranstaltung. Angesichts des Missverhältnisses zwischen Polizei und friedlichem Protest forderte das Bündnis hessische Politiker dann auch zum Rücktritt auf, darunter Innenminister Boris Rhein und den Frankfurter Ordnungsdezernenten Markus Frank (beide CDU).
Ordnungsdezernent erinnert an Chaos-Tage
Polizei und Stadt verteidigten hingegen ihre massive Präsenz. Mit dieser Strategie sei es gelungen, bereits im Vorfeld viele Straftaten zu verhindern. «Ich finde es sehr beeindruckend, wie die Polizei das gemacht hat», entgegnete Frank den Aktivisten. Der Dezernent erinnerte an die gewalttätigen Ausschreitungen bei einer früheren antikapitalistischen Demonstration Ende März.
Damals wurden in Frankfurt mindestens 15 Polizisten verletzt. Etliche Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. Autos wurden beschädigt. Diese Vorgänge seien Grund für die Sorge in der Bankenstadt, sagte Frank. Zudem habe es auch vor den jetzigen Protesten Anzeichen für geplante Gewaltaktionen gegeben. Einige Banken wie die Commerzbank blieben die Tage komplett geschlossen. Sie wich für ihre Geschäfte stattdessen auf geheime Büroräume aus.
Aktionen auch an deutschen Vertretungen im Ausland
Die Polizei hatte bereits am Mittwoch damit begonnen, das von Gerichten bestätigten Versammlungsverbot zu den «Blockupy»-Tagen durchzusetzen - es galt bis auf die Grosskundgebung am Samstag. Die Beamten räumten dafür ein Zeltlager vor der Europäischen Zentralbank und fing drei Busse aus Berlin auf der Autobahn ab.
Bis Samstag löste sie zudem mehrere Versammlungen auf - teils sogar mit Gewalt. Allein am Freitag wurden dabei etwa 400 Aktivisten zeitweise festgenommen. Parallel zu den Aktionen in Frankfurt zeigten sich daraufhin in Wien und Venedig Gleichgesinnte solidarisch: Vor den dortigen offiziellen Vertretungen der Bundesrepublik kamen 30 beziehungsweise 50 Leute zusammen, wie das Auswärtige Amt der Nachrichtenagentur dapd auf Anfrage bestätigte.
Fünf Kilometer langer Protestzug
In Frankfurt griff die Polizei auch am Tag des legalen Protests durch. Unmittelbar vor der Kundgebung kontrollierte sie etwa 160 Fahrzeuge, darunter 40 Busse und Kleinbusse. Mindestens ein Aktivist sei festgenommen worden. Mehrere Platzverweise wurden ausgesprochen.
Während des etwa fünf Kilometer langen Demonstrationszuges durch die Innenstadt zum Bankenviertel schätzte die Polizei die Zahl der gewaltbereiten Autonomen noch immer auf etwa 1000 Teilnehmer. Die Beamten kreisten den «Schwarzen Block» daraufhin gezielt ein. Zwei Mal seien kleinere, aber lautstarke Rauchbomben gezündet worden.
Wagenknecht hatte nur wenig Zeit
Die Aktivisten, die unter anderem gegen die Schuldenpolitik der Bundesregierung und europäischen Gemeinschaft protestierten, kamen aus vielen Ländern - darunter Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Ungarn. Unter die Teilnehmer mischten sich zudem einige grüne und linke Politiker aus Bund und Land. Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, sprach von einem «riesigen Erfolg». Die Bewegung habe sich von den «Verboten verfassungsmässiger Grundrechte» nicht einschüchtern lassen, sagte Ernst.
Da der Demonstrationszug später als geplant zur Abschlusskundgebung in Sichtweite der abgesperrten Europäischen Zentralbank eintraf, konnte Ernsts Stellvertreterin Sahra Wagenknecht nicht mehr zu den Teilnehmern reden. Nach Angaben einer Parteisprecherin habe sie allerdings zweimal entlang der Strecke von einem Lautsprechtwagen aus gesprochen. Ein wichtiger Termin habe Wagenknecht am Samstagabend nach Berlin gezwungen. (dapd)
«Blockupy» auch in Wien und Venedig
Kapitalismuskritiker haben ihren Frust an diesem Wochenende nicht nur in Frankfurt am Main zum Ausdruck gebracht, sondern auch an zwei ausländischen Vertretungen Deutschlands. Aufnahmen, die im Internet veröffentlicht wurden, zeigen, wie mehrere Dutzend Aktivisten am Freitag beim deutschen Honorarkonsul in Venedig aufliefen.
Eine Italienerin sagt in dem Film aus Venedig, sie wollten sich mit Gleichgesinnten solidarisch zeigen, die von der Frankfurter Polizei festgehalten wurden. In Venedig konnten die Aktivisten in die Räume der Honorarkonsulin vordringen. Die Aufnahmen zeigen, wie die italienische Polizei mit Schilden nachrückte. Die Aktion, an der laut Auswärtigem Amt etwa 50 Demonstranten beteiligt waren, blieb allerdings friedlich.
Ebenfalls im Internet veröffentlichte Fotos hielten wiederum das Geschehen vor der deutschen Botschaft in Wien fest. Dort kamen am Samstag zunächst 30 Aktivisten zu einer «Solidemo» der Frankfurter «Blockupy»-Tagen zusammen. Auch in Wien blieb es vor der deutschen Vertretung friedlich. (dapd)