EU vertagt heikle Beschlüsse

Aktualisiert

Verhärtete FrontenEU vertagt heikle Beschlüsse

Der EU-Sondergipfel in Brüssel ist ohne konkrete Beschlüsse zu Ende gegangen. Beim Reizthema Euro-Bonds steuern Angela Merkel und François Hollande auf einen Kollisionskurs zu.

Frankreichs neuer Präsident François Hollande demonstrierte Sparwillen - und reiste mit dem Zug nach Brüssel.

Frankreichs neuer Präsident François Hollande demonstrierte Sparwillen - und reiste mit dem Zug nach Brüssel.

Griechenland soll nach dem Willen der EU-Staats- und Regierungschefs in der Eurozone bleiben - aber nicht um jeden Preis. «Griechenland muss zu seinen Verpflichtungen stehen», forderte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Donnerstagmorgen in Brüssel nach mehrstündigen Beratungen mit den «Chefs».

Am 17. Juni wird in dem Land neu gewählt. Die EU setzt darauf, dass dann eine Regierung gebildet wird, die sich die Verpflichtungen zu eigen macht. Griechenland muss drastisch sparen und Reformen umsetzen, um weiter Hilfsmilliarden internationaler Geldgeber zu erhalten.

Der Sondergipfel verständigte sich angesichts einer Rezession in grossen Mitgliedstaaten grundsätzlich auf Impulse für mehr Wachstum. In der hitzigen Debatte um Eurobonds - also gemeinsame Anleihen von Euroländern - gab es keine Bewegung. Frankreich befürwortet sie, Deutschland lehnt sie ab.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte zum Thema Griechenland: «Wir haben angeboten, dass wir alles tun, um die Möglichkeiten der (EU-)Strukturfonds zu mobilisieren, um Griechenland weiter bei der Entwicklung von Wachstum zu helfen.» Auch Merkel pochte darauf, dass Athen seine Zusagen einhält.

Juncker: Auf alle Szenarien einstellen

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker bestätigte, dass Experten der 17 Staaten mit Eurowährung auch über die Folgen eines möglichen Ausscheidens Griechenlands aus der Währung nachdenken. Die «Arbeitshypothese» der Eurogruppe sei jedoch, dass Griechenland weiter ein Euro-Mitglied bleibe, sagte der Luxemburger Premier.

«Ich habe die Mitgliedsregierungen der Eurozone nicht beauftragt, nationale Notfallpläne auszuarbeiten», sagte Juncker. «Aber selbstverständlich ist es so, dass wir uns auf alle Szenarien einstellen müssen, weil wir sonst unserer Aufgabe nicht gerecht würden.»

Merkel sagte zur Eurobonds-Debatte, es gebe «erhebliche Schwierigkeiten», gemeinsame Anleihen vertraglich umzusetzen. Einheitliche Zinsen bei der Einführung des Euro hätten auch nicht zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit aller Länder geführt.

Frankreichs Präsident François Hollande sagte: «Nicht alle Mitgliedstaaten teilen meine Auffassung, aber ich bin nicht alleine.» EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy sagte, Eurobonds seien ein «langfristiges Vorhaben», das nicht schnell umzusetzen sei. «Das braucht Zeit.»

Fiskalpakt um Wachstumspaket ergänzen

Es zeichnet sich ab, dass der bereits vereinbarte Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin um ein Wachstumspaket ergänzt wird. So soll das Kapital der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg steigen, um mehr Kredite für Projekte wie Stromleitungen zu ermöglichen. Das EIB-Direktorium sei gebeten worden, eine Kapitalerhöhung zu erwägen, sagte Van Rompuy.

Beim nächsten regulären Gipfel der Staatenlenker am 28. und 29. Juni sollen laut Van Rompuy «Bausteine» für eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion verabschiedet werden. Als Stichworte nannte Merkel eine bessere Arbeitsvermittlung für Facharbeiter oder die Stärkung des Binnenmarkts. Auch über sogenannte Projektanleihen für Infrastrukturvorhaben sei gesprochen worden. (sda)

Der Neue reist im Zuge

Im Zeichen der Euro-Schuldenkrise sind Frankreichs Präsident François Hollande und Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy kostensparend per Zug nach Brüssel gereist.

Die beiden hatten sich zunächst in Paris getroffen um ihre Positionen vor dem Gipfel zu besprechen. Wie aus dem Umfeld der beiden Politiker verlautete, entschieden sie sich dann, lieber den Zug als ein Flugzeug ins 300 Kilometer entfernte Brüssel zu nehmen. Hollande reiste zwar erster Klasse, für ihn sei jedoch kein Extra-Abteil reserviert worden, hiess es. Den Rückweg nach Paris wollte er mit dem Auto zurücklegen.

Hollandes Transportmittelwahl weicht deutlich von der seines Vorgängers Nicolas Sarkozy ab. Dieser pflegte mit zwei Flugzeugen nach Brüssel zu reisen - einem eigens für ihn ausgebauten Airbus 330-223, der im Volksmund «Air Sarko One» hiess, und einer Falcon 7X. Hollande hatte im Wahlkampf erklärt, er wolle auch als Präsident «normal» bleiben. (sda)

Viel Geld gegen Arbeitslosigkeit

Die EU will mit 7,3 Milliarden Euro die Jugendarbeitslosigkeit in bestimmten EU-Ländern bekämpfen. Diese Summe nannte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Staats- und Regierungschefs am Mittwochabend beim EU-Gipfel.

Das Geld sei für eine beschleunigte Umsetzung oder Neuzuweisung in den nicht genutzten EU-Kassen ermittelt worden, teilte die EU-Kommission mit. Es soll nun 460'000 Jugendlichen und 56'000 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zugutekommen. Das Geld gehe in acht Staaten, in denen die Jugendarbeitslosigkeit über 30 Prozent liege: Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Portugal, die Slowakei und Spanien. (sda)

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