Verbot von Demo-AnspracheErdogan bestellt deutschen Gesandten ein
Im Streit um die Pro-Erdogan-Demonstration in Köln bestellt das türkische Aussenministerium den Stellvertreter des deutschen Botschafters in Ankara ein.

Sorgt für diplomatisches Säbelrasseln: Recep Tayyip Erdogan hat den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara einbestellt. Das Bild zeigt den Politiker am 29. Juli während einer Rede in Ankara.
AFP/Kayhan OzerWäre es nach dem Wunsch seiner vielen Anhänger in Deutschland gegangen, hätte Präsident Erdogan gestern persönlich zu den Besuchern einer Grosskundgebung in Köln gesprochen – per Live-Zuschaltung. Doch das untersagte die deutsche Regierung.
Im Streit um die Pro-Erdogan-Demonstration in Köln hat das türkische Aussenministerium jetzt den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara einbestellt. Dies sei für Montagmittag geplant, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus zuverlässiger Quelle in Ankara. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub, daher nimmt der Gesandte – sein Stellvertreter – den Termin wahr.
Die türkische Regierung hatte scharfe Kritik daran geäussert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich am Sonntag nicht per Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte das Verbot durch das Bundesverfassungsgericht inakzeptabel genannt. Kalin hatte eine «befriedigende Erklärung» Deutschlands dafür verlangt.
Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs.
Eigentlich hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdogan auf einer Grossleinwand live zuzuschalten. Dies war angesichts der aufgeheizten Stimmung aber verboten worden.
Friedliche Kundgebung
Nach Angaben der Polizei nahmen 30'000 bis 40'000 Menschen an der Kundgebung teil. Es gab mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Im Einsatz waren 2700 Beamte, auch Wasserwerfer standen bereit.
Der Kundgebungsplatz glich einem roten Meer aus türkischen Flaggen. Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer des Putschversuches in der Türkei sowie der Opfer der jüngsten Terroranschläge in Frankreich, Deutschland und der Türkei.
Erdogan: Türkei stärker als je
Gegen Ende der Veranstaltung wurde eine Botschaft Erdogans verlesen. In dieser lobte er, dass sich die türkische Bevölkerung den Putschisten mutig entgegengestellt habe. Er dankte auch den türkischen Bürgern, die in Deutschland auf die Strasse gegangen seien. «Heute ist die Türkei stärker als sie je vor dem 15. Juli gewesen ist», hiess es.
Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich. In der Türkei läuft seither eine von der Regierung so genannte Säuberungswelle gegen mutmassliche Unterstützer Gülens im Militär, in der Polizei, den Medien, der Justiz und im Bildungswesen.
Knapp 18'700 Menschen wurden festgenommen, gegen 10'137 ergingen nach Angaben Erdogans Haftbefehle. Die harten Massnahmen wurden besonders aus der EU kritisiert. (jros/sda)