5 Szenarien für die EU

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Euopa bis 20255 Szenarien für die EU

Die EU steckt in ihrer tiefsten Krise. Wie weiter? Ein «Weissbuch» spurt vor.

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Europa steht vor enormen Herausforderungen: Jean-Claude Juncker anlässlich der Pressekonferenz in Brüssel. (1. März 2017)

Europa steht vor enormen Herausforderungen: Jean-Claude Juncker anlässlich der Pressekonferenz in Brüssel. (1. März 2017)

Keystone/Stephanie Lecocq

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die heisse Phase der Debatte über die Zukunft der EU nach dem Austritt Grossbritanniens eröffnet. Er legte heute ein «Weissbuch» vor, das Optionen für die Ausrichtung Europas bis zum Jahr 2025 aufführt. Fünf Szenarien sind dabei genannt, die sich laut Juncker aber «weder gegenseitig ausschliessen, noch erschöpfend» sind:

1. Weiter so wie bisher

Die nach dem EU-Austritt verbleibenden 27 Migliedstaaten würden sich auf Reformen, Jobs, Wachstum und Investitionen konzentrieren, um greifbare Vorteile für die dann noch 450 Millionen Bürger der Union zu liefern. Bei der Währungsunion wären nur «schrittweise Fortschritte» zu erwarten, während die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich begrenzt bliebe. Junckers Weissbuch warnt aber nach den Erfahrungen mit der Flüchtlngskrise, die Einheit der 27 könne schnell «bei ernsthaften Meinungsverschiedenheiten erneut auf die Probe gestellt werden».

2. Nur der Binnenmarkt

Der Binnenmarkt wird Hauptziel der EU, weil die Mitgliedstaaten sich nicht auf mehr politische Integration in anderen Bereichen verständigen können. Diese Option war von Grossbritannien bevorzugt worden, das sich etwa gegen eine Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich stemmte. Der Preis für die Rest-EU wäre aus Sicht der Kommission, dass «die Kapazität gemeinsam zu handeln begrenzt ist». Dies könne «die Kluft zwischen Erwartungen und dem Gelieferten auf allen Ebenen vergrössern».

3. Wer mehr will, tut mehr

Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten entsteht. Eine oder mehrere «Koalitionen der Willigen» könnten in bestimmten Bereichen wie Verteidigung, innerer Sicherheit oder Sozialpolitik voranschreiten. Als Problem sieht die Kommission eine Entscheidungsfindung «auf verschiedenen Ebenen», welche Europa noch undurchschaubarer und unverständlicher machen würde. Die Rechte der EU-Bürger würden davon abhängen, welcher Gruppe ihre Staaten angehörten.

4. Weniger, aber effizienter handeln

Die EU-27 würde sich auf weniger Bereiche konzentrieren, wo sie einen klaren Mehrwert bietet. Dies könnten die Förderung technologischer Innovationen, Sicherheit, Einwanderung, Grenzschutz und Verteidigung sein. Aus anderen Bereichen könnte sich die EU zurückziehen, etwa aus Regionalförderung, Gesundheit, Beschäftigung und Sozialpolitik - diese Felder wären dann wieder alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Aus Sicht der Kommission kann dies bedeuten, dass die EU in den noch bei ihr liegenden Bereichen schneller handeln kann.

5. Viel mehr gemeinsames Handeln

Mitgliedstaaten und EU verständigen sich darauf, «auf allen Ebenen mehr Macht, Ressourcen und Entscheidungsfindung zu teilen». Zentrales Projekt wäre die Währungsunion: «Die Eurozone wird mit dem klaren Verständnis gestärkt, dass, was für die Länder der gemeinsamen Währung vorteilhaft ist, für alle vorteilhaft ist.» EU-Recht würde eine deutlich grössere Rolle für die Bürger bekommen. Juncker warnt aber, dass dies «Teile der Gesellschaft verstimmen könnte, die denkt, dass es der EU an Legitimität fehlt oder sie den nationalen Regierungen zu viel Macht abgenommen hat.» (nag/sda)

Britisches Oberhaus ändert Brexit-Gesetz

Rückschlag für die britische Premierministerin Theresa May: Das britische Oberhaus hat den Entwurf des Brexit-Gesetzes der britischen Regierung abgeändert.

Eine Mehrheit der Mitglieder im House of Lords stimmte heute für einen Änderungsantrag, der die Regierung dazu verpflichtet, die Rechte von EU-Bürgern in Grossbritannien trotz Brexit zu garantieren.

Drei Millionen in Grossbritannien

London lehnt es ab, eine einseitige Garantie für EU-Bürger in Grossbritannien auszusprechen. Das soll erst im Rahmen eines Abkommens geschehen, das auch die Rechte von Briten in der EU sicherstellt. In Grossbritannien leben etwa drei Millionen EU-Bürger. Knapp eine Million Briten lebt auf dem Kontinent. Fraglich ist, ob der Zeitplan der Regierung nun durcheinander geraten könnte. Eigentlich sollte das Gesetz bis zum 7. März von beiden Häusern verabschiedet werden. Ob das gelingt, ist ungewiss. Bis spätestens Ende März will die britische Regierung den EU-Austritt einleiten. Dazu braucht Premierministerin Theresa May die Zustimmung des Parlaments zum Brexit-Gesetz.

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