Gegen SparpolitikGrossaufmarsch am «No-Monti-Day» in Rom
26 linksorientierte Parteien und kapitalismuskritische Bewegungen haben zu einer Demo gegen die Spar- und Steuerpolitik Italiens aufgerufen. In Rom sind über zehntausende Menschen zusammengekommen.
In Italien sind am Samstag die Zeichen auf Sturm gestanden: In Rom demonstrierten Zahntausende gegen die Spar- und Reformpolitik der Regierung von Mario Monti. Aufgerufen dazu hatten 26 linke Gruppierungen. In Monza bei Mailand wiederum hatte Montis Vorgänger, der von der Linken verhasste Silvio Berlusconi, seinen grossen Auftritt.
Der am Freitag in Mailand in erster Instanz zu vier Jahren Haft wegen Betrug und Steuerhinterziehung verurteilte Mitte-Rechts- Politiker Berlusconi drohte dabei, die Regierung Monti zu Fall zu bringen.
Seine Partei, das «Volk der Freiheit» (PdL), werde in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie Monti das Vertrauen entziehe oder ihn bis Ende der Legislatur im Frühjahr unterstütze. Das PdL ist die stärkste Einzelpartei im Parlament, die Monti stützt.
Berlusconi machte die Experten-Regierung Montis für die Rezession in Italien verantwortlich und beklagte wegen der strengen Steuerkontrollen sei Italien bald ein Polizeistaat. Monti hat Italien Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen und eine Renten- und Arbeitsmarktreform verordnet.
150 000 am «No-Monti-Day»
Monti am liebsten los werden möchten auch die gemäss den Organisatoren 150 000 Demonstranten, die im Zentrum Roms gegen Montis Politik protestierten. Der «No-Monti-Day» stand unter dem Motto «Vereint mit einem rebellierenden Europa - jagen wir die Regierung Monti davon».
Doch damit enden die Gemeinsamkeiten zwischen den meisten Protestteilnehmern und Berlusconi. Zur Demonstration aufgerufen hatten linke Gewerkschafter, Lehrer und Studenten sowie kapitalismuskritische Aktivisten, regierungsunabhängige Organisationen und Kommunisten.
Auch Behindertenverbände und Erdbebenopfer reihten sich in die Demonstration ein, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die Teilnehmer wandten sich auch «gegen das europäische Diktat und die Finanzierung der Banken».
Der Gründer der altkommunistischen Partei «Rifondazione Comunista», Fausto Bertinotti, plädierte in seiner Rede für einen «europäische Generalstreik» aus Protest gegen das «soziale, wirtschaftliche und soziale Desaster».
Die Linke neu aufbauen
Das Kabinett Monti habe auf undemokratische Weise die Führung des Landes übernommen, da es nicht von den Italienern gewählt worden sei. In dieser schwierigen politischen Phase habe sich die traditionelle Linke aufgelöst. «Wir müssen die Linke neu aufbauen», rief Bertinotti.
Bereits am Vormittag hatten tausende Ärzte, Krankenpfleger und Angestellte des Gesundheitssystems gegen die Sparpläne Montis protestiert. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort, um Ausschreitungen und Vandalenakte wie vor einem Jahr bei einer Demonstration gegen Berlusconi zu verhindern.
Dennoch kam es am Samstag zu einigen Zwischenfällen: Jugendliche warfen Molotowcocktails und Eier gegen mehrere Banken oder beschmierten diese mit Parolen. Andere liessen Knallkörper explodieren und blockierten eine Umfahrungsstrasse.
Berlusconi vor Comeback
Die von allen Seiten kritisierte Experten-Regierung Monti kam im vergangenen November ins Amt, nachdem Berlusconi unter dem Druck der Schulden- und Wirtschaftskrise in Italien hatte zurücktreten müssen. Monti sollte bis zum Frühjahr im Amt bleiben. Dann sind Parlamentswahlen geplant.
In Italien schossen erneut die Spekulationen ins Kraut, ob dabei Berlusconi noch einmal als Spitzenkandidat seiner Partei antritt. Seine PdL kürt Mitte Dezember den Premierkandidaten. Berlusconi bekräftigte am Samstag zwar vor den Medien seine am vergangenen Mittwoch gemachte Absage, so richtig glauben mochten dies viele Italiener aber nicht.
Denn der am Mittwoch verurteilte Ex-Premier kündigte am Samstag auch seine Rückkehr in die Politik an. Er fühle sich «verpflichtet», den «Justizplaneten» Italien zu reformieren, damit anderen Bürgern nicht passiere, was ihm widerfahren sei.
«Italien ist keine Demokratie mehr, sondern eine Diktatur der Staatsanwälte. Das können wir nicht mehr ertragen», sagte der 76- Jährige.
(sda)