Handelte der Attentäter im Auftrag des IS?

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Anschlag in OttawaHandelte der Attentäter im Auftrag des IS?

Kanada wertet die Schiesserei in Ottawas Parlament als Terrorakt. Auch für die Mitglieder des «Islamischen Staates» ist klar, dass der Schütze einer von ihnen war.

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War Michael Zahef-Bibeau ein sogenannter «Lone Wolf» (Einsamer Wolf) der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)? Sein Angriff auf das kanadische Parlament und die Ermordung eines Soldaten passierten nur kurz nachdem Kanada sich der Koalition gegen den IS angeschlossen hatte.

Am 7. Oktober segnete das kanadische Parlament Luftangriffe auf den IS in Syrien und im Irak ab. Die Terrormiliz IS hatte daraufhin zu Attentaten auf kanadische Bürger aufgerufen. «Die Ereignisse legen nahe, dass der IS Kanada angreift, bevor Kanada die Chance hat, die Terrorgruppe zu treffen», schreibt «Vice».

IS instrumentalisiert Attentäter

Unklar bleibt, ob Zahef-Bibeau im Auftrag des IS handelte oder ob er in eigener Mission unterwegs war. Premierminister Stephen Harper sagte, das Attentat in Ottawa sei von einem «IS-inspirierten Terroristen» durchgeführt worden. Medienberichten zufolge war er ein islamischer Konvertit, der auf einer «Terrorwarnliste» der Behörden stand.

Es scheint, dass Zahef-Bibeau dieselben Netzwerke nutzte wie der 25-jährige Kanadier Martin Couture-Rouleau. Dieser hatte am Montag zwei Soldaten nördlich von Montréal überfahren. Auffällig ist, dass ein angeblicher Twitter-Account des IS mit dem Namen «Islamic Media» das erste Bild des Ottawa-Schützen im Internet verbreitete, wie «Breitbart» berichtete.

Der IS nutzt jedenfalls die Attentate in Kanada dazu, um weiter Werbung in eigener Sache zu machen. IS-Anhänger solidarisieren sich auf Twitter mit dem Ottawa-Schützen:

«Michael Bibeau (33) involviert in kanadische Schiesserei war ein Funktionär des IS. Möge Allah ihn annehmen. Amen»

Wenig Zweifel an einer Verbindung Zahef-Bibeaus zum IS hat der britische «Telegraph». Die Angriffe dieser Woche seien «ohne Zweifel die Antwort des IS auf Kanadas Entscheidung, Luftanschläge auf Ziele im Irak und Syrien durchzuführen».

Nicht unbedingt eine Verbindung

Anders sieht es der Terrorexperte Eroll Mendes von der Universität in Ottawa: «Ich glaube nicht, dass es eine Verbindung zwischen der Schiesserei in Ottawa und dem islamistischen Extremismus gibt.» Mendes fügt hinzu, dass Kanadas Einmischung in den Krieg nicht gründlich diskutiert wurde: «Der Premierminister hat die ganze Debatte sehr politisch und parteiisch geführt. Er wollte als grosser, starker Führer auftreten. Obwohl ich gewisse Kampfhandlungen gegen den IS unterstütze, denke ich, dass er mit seinem Auftritt kontraproduktiv für die Sicherheit Kanadas war.»

Trotz der schrecklichen Ereignisse werde Kanada an seiner Militärstrategie festhalten und sich an den Luftangriffen auf Stellungen der Terrormiliz IS beteiligen, sagte Verteidigungsminister Rob Nicholson.

Ob IS-gesteuert oder nicht: Klar ist, dass die Anschläge in Kanada die Welt weiter für die Bedrohung durch islamistische Radikale und Rückkehrer aus dem Irak und Syrien sensibilisiert haben. So erhöhte Australien am Donnerstag nach Angaben des Justizministeriums die Sicherheitsvorkehrungen im eigenen Parlament in Canberra.

80 Dschihad-Rückkehrer in Kanada

Der IS rekrutiert auch in Kanada: Seit Anfang 2014 sind den Behörden zufolge rund 130 Dschihad-Reisende aus Kanada ausgereist. 80 von ihnen sollen mittlerweile wieder zurückgekehrt sein.

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