Hilfsgüter landen auf dem Schwarzmarkt

Aktualisiert

Flutkatastrophe BalkanHilfsgüter landen auf dem Schwarzmarkt

Unzählige Hilfsgüter werden in die von den Fluten gebeutelten Regionen entsendet. Doch anstatt die Waren gerecht zu verteilen, werden viele Güter verkauft.

von
cho

Nach der Jahrhundertflut auf dem Balkan liefern unzählige Länder Nahrungsmittel in die Krisenregionen. Viele EU-Staaten stellen daneben auch Güter wie Helikopter, Zelte und Sandsäcken zur Verfügung. Doch auch Private sammeln Decken, Lebensmittel und Wasser und karren die dringend benötigten Waren in die betroffenen Gebiete. Die Güter haben alle den selben Zweck: Sie sollen den Menschen in Not helfen und ihr Überleben sichern. In manchen Regionen sorgen die Güter nun für Wut und Verzweiflung.

Die Kritik an der Verteilung der Ware wird immer lauter. Die serbische Zeitung «Telegraf» veröffentlichte ein Video einer Verteilstation in Maglaju, Bosnien. «Sie haben bereits begonnen die Hilfsgüter zu verkaufen. Mir ist nichts geblieben, morgen muss ich hungern», beschwert sich eine hörbar verzweifelte Frau im Video. Sie klagt, dass Gauner die wertvollen Hilfsgüter verkaufen und nennt es eine Schande.

Ähnliches berichtet ein 20 Minuten-Leser aus Serbien: «Ich habe mit meiner Mutter in Belgrad telefoniert. Sie hat auch schon davon gehört, dass Hilfsgüter verkauft anstatt verteilt werden.»

Des weiteren versuchen einzelne Geschäftsführer aus dem Elend der Bevölkerung Profit zu schlagen: Wie «Standard.at» berichtet, stiegen in den überfluteten Gebieten die Preise markant an. Aus diesem Grund beschloss die Regierung in Bosnien-Herzegowina vor kurzem die Preise auf den Stand vom 14. Mai, bevor das Land überflutet wurde, zu senken und dort einzufrieren. Wer Hilfsgüter stehle oder missbrauche, müsse mit drakonischen Strafen rechnen, liess die Regierung verlauten.

Besonders prekär ist die Situation in Bosnien-Herzegowina, wo die Bevölkerung besonders auf Hilfsgüter angewiesen ist. Weil das Land über keinen EU-Kandidatenstatus verfügt, bleibt der Zugriff auf den EU-Solidaritätsfonds verwehrt. Serbien hingegen verhandelt seit längerem mit Brüssel über einen EU-Beitritt und profitiert dadurch bereits jetzt vom Solidaritätsfonds.

Kritik am Staat

In der bosnischen Bevölkerung wächst der Unmut gegenüber der Regierung. So wurde etwa publik, dass Hilfsgüter nicht über die kroatische Grenze nach Bosnien-Herzegowina gelangen. Wegen der Zollformalitäten blieben diese an der Grenze stecken. Zwar müsse für die Güter kein Zoll bezahlt werden, die eingeführten Waren würden jedoch genauestens geprüft und dokumentiert, was zu immensen Verzögerungen führe.

Die Regierung wies die Kritik zurück. Doch berichtet etwa auch der Nachrichtensender Al Jazeera Balkans über einen slowenischer Spediteur, der zwölf Stunden an der kroatisch-bosnischen Grenze ausharrte. Der Chauffeur habe schliesslich aufgegeben und sei über das rund 300 Kilometer entfernte Zvornik, an der serbisch-bosnischen Grenze, nach Bosnien-Herzegowina eingereist. Laut der «Standard.at» hätten auch grössere Organisationen Probleme bei der Einfuhr der Hilfsgüter.

Deine Meinung zählt