Rumänien rätseltHunde oder ein Pädophiler - wer hat Ionut getötet?
Nach der Hundeattacke auf einen Vierjährigen ist in Rumänien die Tötung von Strassenhunden erlaubt worden. Eine Überwachungskamera zeigt den Fall aber aus anderer Perspektive.
Ist doch alles ganz anders als bisher gedacht? Vergangenen Mittwoch hat das rumänische Parlament die massenhafte Tötung von Strassenhunden gesetzlich erlaubt und damit auf einen tragischen Vorfall reagiert, bei dem ein Vierjähriger nach Angaben der Staatsanwaltschaft von einem Strassenhund totgebissen worden war.
Die Geschichte um den kleinen Ionut hatte im Land für eine grosse Diskussion gesorgt. Der Junge war am 2. September mit seinem zwei Jahre älteren Bruder und der Grossmutter in einem Park in Bukarest unterwegs gewesen. In einer ersten Version hiess es, die Frau habe ihre Enkel kurz aus den Augen verloren. Wenig später fand die Polizei die Leiche des Vierjährigen in einem abgelegenen Busch. Sein Bruder Andrei war am Bein gebissen worden und sei dann «völlig aufgebracht» zur Grossmutter gerannt.
Internet-Gemeinde sieht eine Verschwörung
Vor wenigen Tagen ist jedoch ein Video einer Überwachungskamera aufgetaucht, das eine völlig andere Geschichte ans Licht bringt. Die Aufnahmen, die dem Onlineportal cancan.ro vorliegen, zeigen, dass die Kinder mindestens zwei Stunden lang unbeaufsichtigt im Park unterwegs waren. Nachdem Ionut verschwand, wurde sein Bruder Andrei von einem fremden Mann aufgegriffen. Der Mann, der sich mit den Wachmännern des Parks unterhielt, brachte den Sechsjährigen zur Grossmutter. Der Junge wirkte in den Aufnahmen weder aufgebracht noch verängstigt.
Nun fragen sich Benutzer auf sozialen Netzwerken, wie es möglich sei, dass keiner die Schreie des angegriffenen Ionuts in dem doch gut frequentierten Park gehört hat? Oder warum sein Bruder Andrei nach der Attacke so ruhig wirkte? Auch ist den Usern unklar, warum das Video nicht schon früher veröffentlicht wurde oder wieso der Fremde, der Andrei zur Grossmutter brachte, nicht verhört wurde.
Pädophilen-These vom Forensiker widerlegt
Die zahlreichen Ungereimtheiten in dieser Geschichte lassen die Tierschützer nun vermuten, dass die Fakten manipuliert wurden. Die angebliche Strassenhunde-Attacke habe nur als Vorwand gedient, um das umstrittetene Tötungsgesetzt durchzusetzen, meinen einige misstrauische Leser. Damit stützen sie die These des rechstpopulistischen Politikers Corneliu Vadim Tudor. Dieser hatte bereits vor zwei Wochen behauptet, Ionut sei Opfer eines Pädophilen gewesen und die Tötung durch Strassenhunde erfunden worden.
Doch schon damals widersprach Salem Abdo, der Rechtsmediziner, der die Leiche des Jungen obduziert hatte, Tudors Theorie. Nach «akribischer Untersuchung der Leiche» des kleinen Ionut gebe es an der Todesursache keinen Zweifel, sagt Abdo gegenüber «Spiegel Online». Sein gesamter Körper sei mit Bisswunden übersät gewesen.
Die Skeptiker zweifeln diese wissenschaftlichen Erkenntnisse weiterhin an: Sie erklären sich die Bisswunden damit, dass die Leiche des kleinen Ionut im Nachhinein den wilden Hunden vorgeworfen worden sei.