Ist Erschiessen «humaner» als Vergiften?

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Todesstrafe in UtahIst Erschiessen «humaner» als Vergiften?

Der US-Bundesstaat Utah hat die Todesstrafe durch Erschiessen wieder eingeführt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Am 24. März 2015 führt der US-Bundesstaat Utah die Todesstrafe durch Erschiessung wieder ein. Auf diesem Stuhl soll sie ausgeführt werden.
Er hat die Regelung eingeführt. Der republikanische Repräsentant Paul Ray - hier mit seiner Familie auf einem Bild zu sehen, das er für seine Kandidatur verwendete.
Er soll erschossen werden: Der verurteilte Mörder Ron Lafferty.
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Am 24. März 2015 führt der US-Bundesstaat Utah die Todesstrafe durch Erschiessung wieder ein. Auf diesem Stuhl soll sie ausgeführt werden.

Keystone/AP/Trent Nelson

Eigentlich ist die Wiedereinführung von Erschiessungskommandos in Utah eine Verzweiflungstat: Weil sich immer mehr Pharmaunternehmen weigern, Chemikalien für Giftspritzen zu liefern, suchen die verbliebenen 32 Bundesstaaten, die laut Amnesty International in den USA noch Todesstrafen durchführen, nach alternativen Lösungen. Auch in Utah wird die Massnahme nur umgesetzt, wenn bis 30 Tage vor der Hinrichtung noch kein Gift geliefert wurde.

Wer wird die Erschiessungen im US-Bundesstaat durchführen? Kann eine Erschiessung auch fehlschlagen, wie etwa die qualvolle Giftspritzen-Exekution von Clayton Lockett? Kann man Erschiessungen vielleicht sogar als «humane Hinrichtung» bezeichnen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was passiert bei einer Erschiessung?

Der Todeskandidat wird laut dem «Rapid City Journal» in einen Stuhl gesetzt, der von Sandsäcken umgeben ist (siehe Bildstrecke). Das Exekutionskommando bringt dann eine Zielscheibe auf dem Herzen des Verurteilten an, und der Todeskandidat erhält ein Zeitfenster von zwei Minuten, um seine letzten Worte auszusprechen. Dann feuern fünf Schützen aus 25 Fuss Entfernung (7,62 Meter) auf ihn.

Wer drückt ab?

Zusammengestellt werden die Erschiessungskommandos aus Freiwilligen. Laut der «Time» könnte sich theoretisch jeder, der eine Scharfschützenausbildung hat, dafür melden. Der republikanische Repräsentant Paul Ray sagt zum «Rapid City Journal»: «Es gibt mehr Freiwillige als Plätze im Erschiessungskommando.» Die Namen der Schützen werden geheim gehalten. Auch wer schlussendlich für den Tod des Verurteilten verantwortlich ist, bleibt geheim: Einer der Schützen erhält jeweils ein Gewehr, das mit einer Platzpatrone geladen ist.

Kann die Todesstrafe durch Erschiessung fehlschlagen?

Rechtsprofessorin Deborah Denno sagte zum «Rapid City Journal», dass in der jüngsten Vergangenheit keine Erschiessung fehlgeschlagen sei. Dokumentiert sei aber ein Fall aus dem Jahr 1879, bei dem der Todeskandidat Wallace Wilkerson nach seiner Erschiessung noch 27 Minuten lang lebte. Spekulationen zufolge habe das Exekutionskommando damals bewusst auf seine Schulter gezielt, um seinen Tod schmerzhafter zu machen.

Wie «human» ist die Todesstrafe durch Erschiessen?

Chirurg Jonathan Groner von der Ohio State University sagt zur «Time»: «Der Verurteilte stirbt wahrscheinlich innert Sekunden.» Eine Möglichkeit, den Schmerz zu messen, den ein Erschiessungskandidat dabei empfindet, gebe es nicht. Voraussetzung für einen schnellen Tod sei, dass die Schützen richtig träfen, räumen Menschenrechtsorganisationen allerdings ein.

Gibt es Erschiessungskandidaten?

Ja. Ron Lafferty, der 1984 seine Schwägerin tötete, weil sie seine Ansichten über Polygamie nicht teilte. Er hat die Todesart sogar selber gewählt – das war Todeskandidaten in Utah bis 2004 noch erlaubt.

Wer ist gegen das Gesetz?

Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union of Utah sagt, das Gesetz lasse den Staat «rückwärtsgewandt und hinterwäldlerisch» erscheinen. Widerstand kommt auch aus den sozialen Medien. Twitter-Userin Susan Penhaligon schreibt ironisch: «Oh, gut gemacht Utah. Ein gutes altes Erschiessungskommando.» User Mark Pratt vergleicht die Methode sogar mit denen der Terrormiliz Islamischer Staat (in den USA Isis genannt). «Utah führt das Erschiessungskommando ein. Die Isis muss in der Stadt sein.»

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