Italiener wollte sich vor Premier Monti anzünden

Aktualisiert

Wegen SparplänenItaliener wollte sich vor Premier Monti anzünden

In Neapel wurde der italienische Ministerpräsident Mario Monti Zeuge eines traurigen Spektakels. Ein Behinderter wollte auf drastische Weise gegen die Sparmassnahmen demonstrieren.

Mario Monti versucht Italien aus der Schuldenkrise zu führen.

Mario Monti versucht Italien aus der Schuldenkrise zu führen.

Schon wieder hat in Italien ein verzweifelter Mann versucht, sich anzuzünden. Der behinderte Neapolitaner wartete nach eigenen Angaben vergeblich auf die Rückerstattung von Geldern für medizinische Behandlungen von den lokalen Gesundheitsbehörden.

Er beging die Verzweiflungstat am Donnerstag auf der zentralen Piazza de Blebiscito in Neapel. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti wollte dort kurz darauf die Pläne seines Kabinetts zur Restaurierung der archäologischen Stätte von Pompeji vorstellen.

Der 50-Jährige Mann übergoss sich mit Benzin und nur das Eingreifen der Polizei verhinderte, dass er sich selbst anzündete. «Ich will nur ehrlich leben können», klagte der Mann.

Schon in den vergangenen Tagen hatte die Selbstanzündung zweier verzweifelter Männer die italienische Öffentlichkeit geschockt. In Bologna hatte sich ein 58-jähriger italienischer Bauarbeiter in seinem Auto angezündet, nachdem er mehrere Abschiedsbriefe hinterlassen hatte. Der Italiener stand wegen mutmasslicher Steuerhinterziehung in Höhe von 104'000 Euro vor Gericht.

Vor einer Woche zündete sich ein marokkanischer Bauarbeiter in Verona auf offener Strasse an. Beide Männer wurden nach ihren Taten mit schweren Verletzungen ins Spital gebracht.

Wegen Rentenkürzung vom Balkon gesprungen

In den vergangenen drei Tagen haben sich zudem drei Menschen in Italien wegen finanzieller Schwierigkeiten das Leben genommen, darunter eine 78-jährige Rentnerin. Die Sizilianerin sprang vom Balkon ihrer Wohnung, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Rente um 200 Euro gekürzt worden war.

Nach Angaben des Handwerkerverbands CGIA stieg die Zahl der Selbstmorde in Italien, die mit finanziellen Problemen verbunden sind, zwischen 2008 und 2010 um 24,6 Prozent. Bei den versuchten Selbstmorden stieg der Prozentsatz um 20 Prozent.

Forderung nach Solidaritätsfonds

Der Verband rief Montis Expertenregierung zur Einrichtung eines Solidaritätsfonds zur Unterstützung der Italiener auf, die wegen der Krise in Schwierigkeiten geraten sind.

Antonio Di Pietro, Chef der Mitte-links-Partei «Italien der Werte» (Idv), machte Premier Monti und seine rigorose Sanierungspolitik für die Selbstmorde verzweifelter Personen verantwortlich. «Immer mehr Italiener sind mittellos. Monti hat diese Toten auf dem Gewissen», sagte Di Pietro. Seine Worte lösten heftige Kritik in Regierungskreisen aus. (sda)

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