Merkel sucht Ausweg aus Böhmermann-Streit

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Strafantrag der TürkeiMerkel sucht Ausweg aus Böhmermann-Streit

Die deutsche Bundesregierung will das Strafgesetzbuch ändern. Damit könnte sie sich aus dem politischen Zank mit der Türkei zurückziehen.

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Der deutsche TV-Moderator Jan Böhmermann (35) hat eine Auseinandersetzung ausgelöst, die fast beispiellos in der Geschichte der deutschen Justiz ist. Hier der junge Satiriker, dort der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (62) – und dazwischen die deutsche Bundesregierung.

Nach Böhmermanns «Schmähgedicht» in der Sendung «Neo Magazin Royal» stellte Erdogan Strafantrag wegen Beleidigung gegen den Satiriker. Zudem forderte die Türkei die deutsche Regierung offiziell auf, sich für eine Strafverfolgung Böhmermanns einzusetzen – was die Regierung Merkel in die Bredouille bringt.

Fein heraus

Um sich diplomatisch aus dem Konflikt raushalten zu können, denkt die Bundesregierung nun darüber nach, das deutsche Strafrecht zu ändern, damit das Vergehen «Majestätsbeleidigung» nicht mehr juristisch relevant ist.

Konkret heisst das: Sollte der Tatbestand der «Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten», der in Paragraph 103 des Strafgesetzbuches angesiedelt ist, verfassungswidrig sein, wäre er nicht mehr anwendbar. Für Böhmermann würde das bedeuten, dass es in dieser Angelegenheit kein Strafverfahren geben könnte – im Fall einer Verurteilung würde ihm eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren drohen.

Alle gleich vor dem Gesetz

«Wir sind ein Rechtsstaat», lautet das Argument der Bundesregierung – sie meint damit, dass nach Artikel 3 des Grundgesetzes die «Gleichheit vor dem Gesetz» gilt. Dann wäre es nämlich egal, ob ein beliebiger deutscher Bürger oder ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt wurde.

In diesem Fall könnten nur noch die Strafanzeigen nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches angewendet werden. Dem Satiriker würden dann im Fall einer Verurteilung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr drohen.

Die Politik zeigt sich derweil willig, das deutsche Strafrecht schnell zu ändern. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann meinte am Dienstag, seine Partei sei bereit, die «antiquierte Vorschrift» in Paragraf 103 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

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