Mord in CancúnSieben Tote im Springbreak-Paradies
Sieben Leichen wurden in einem Hinterhof in Cancún entdeckt. Die Stadt ist nach Acapulco die nächste Feriendestination in Mexiko, die vom Drogenkrieg eingeholt wird.
Wenige Wochen ist es her, seit sie wieder wie Insekten im mexikanischen Badeort Cancún eingefallen sind: Zehntausende US-amerikanische Studenten auf der Suche nach Freizügigkeit und der kollektiven alkoholbedingten Amnesie. Regelmässig reisen die partywütigen Jugendlichen im Frühjahr nach Mexiko, wo sie alle Hemmungen fallen lassen: Trinkspiele, grölende Twens und Wet-T-Shirt-Contests beherrschen dann das Bild der Stadt an der Riviera Maya, im Osten Mexikos und nur gerade 300 Kilometer von Kuba entfernt. «Springbreak bedeutet: Eine Woche ausruhen und relaxen. Eine Woche weg von allem – von Prüfungen, Hausarbeiten und dem ganzen Unizeug», sagt ein Student gegenüber dem TV-Sender WTHITV.
Nun ziehen über dem Paradies der Partywütigen schwarze Wolken auf. Am Sonntag sind im Innenhof eines Hauses sieben aufeinandergestapelte Leichen entdeckt worden. «Ihnen waren mit Klebeband die Augen verbunden worden. Die vermutliche Todesursache ist Ersticken», sagte ein Polizeivertreter am Montag vor Journalisten. Die Leichname der fünf Männer und zwei Frauen befanden sich in einem Haus in einem Armenviertel der Stadt, wie die Kriminalpolizei mitteilte.
Erste Ermittlungen haben ergeben, dass die sieben Menschen Samstagnacht in der Nähe eines Parks entführt und am frühen Sonntagmorgen ermordet worden waren. Die Leichen wurden am Sonntag entdeckt. Anwohner hätten von «seltsamen Besuchen» in dem Haus berichtet und vermutet, dass dort mit Drogen gehandelt worden sei.
Rutscht Cancún in den Sumpf der Kriminalität?
Mit den jüngsten Morden wächst die Gefahr, dass der Ort, der vom Tourismus abhängig ist, tief in den Sumpf der Gewalt rund um die Drogenkriminalität in Mexiko rutscht. Bislang war Cancún davon weitgehend verschont geblieben – bis im vergangenen März. Damals haben maskierte Bewaffnete eine Bar in der Stadt gestürmt und wild um sich geschossen. Dabei wurden sechs Menschen getötet. Die Behörden bemühten sich damals zu betonen, dass der Tatort ausserhalb der touristischen Zone von Cancún liegt, wie das Portal heavy.com vermeldete.
Dem Badeort droht dasselbe Schicksal, das bereits Acapulco ereilt hat. Das einst schicke Feriendomizil, in dem Prominente wie Frank Sinatra und Elizabeth Taylor ihre Ferien verbrachten, macht seit einigen Jahren praktisch nur noch wegen Gewalt und Drogen Schlagzeilen. Zuletzt waren im Februar sechs spanische Touristinnen in einem Ferienhaus vergewaltigt worden. Und auch in Playa del Carmen, nur wenige Kilometer südlich von Cancún, kam es zu einem Vergewaltigungsfall: Dort sollen Polizisten eine Italienerin vergewaltigt haben.
In Mexiko führt die Regierung seit 2006 eine Offensive gegen Drogenbanden. Mehr als 70'000 Menschen sind seither in den Auseinandersetzungen getötet worden. Vor wenigen Tagen hat der mexikanische Innenminister, Miguel Ángel Osorio Chong, einen Rückgang der Mordfälle vermelden können. Doch er warnte dabei auch vor zu viel Optimismus. «Es ist zu früh, um zu triumphieren», sagte der Innenminister damals. Die jüngsten Mordfälle in Cancún führen der Welt einmal mehr vor Augen, wie recht Osorio Chong mit diesen Worten hatte.