Euro-SondergipfelMutti meints ernst
Angela Merkel gab sich gestern Nacht am Euro-Sondergipfel in Brüssel hart wie nie. Kein Wunder: Für sie geht es um alles.
«Ich bin nicht optimistisch», sagte eine sehr ernste Angela Merkel am Dienstagabend nach dem Euro-Sondergipfel in Brüssel. Der Druck auf die deutsche Kanzlerin ist enorm. Sie stehe «vor einer Herausforderung, die ihre Führungsfähigkeiten testet und aufzeigt, in welche Richtung sich Europa entwickelt», schrieb die «New York Times». Eine Herausforderung, bei der es letztlich auch um den Stuhl der Kanzlerin geht.
«Griechenland muss bis Donnerstag sehr detaillierte Vorschläge für Reformpläne vorlegen», so Merkel am Dienstag weiter. Das sei die Voraussetzung für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm.
Er habe die Kanzlerin noch nie so kompromisslos gesehen, sagte SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck danach in der Nachtausgabe der «Tagesschau». Er vermutete, dass sie die Chancen auf einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone auf weniger als 50 Prozent einschätze.
Intermezzo: Was sich Merkel und der griechische Finanzminister Alexis Tsipras noch zu sagen haben – eine Satire, zusammengeschnitten aus früheren Filmaufnahmen:
(Quelle: YouTube/Mario Wienerroither)
Merkel schliesst den Grexit nicht mehr aus
Das wäre allerdings eine Wende. Bisher hatte Merkel – zumindest gegenüber der Öffentlichkeit – einen Grexit stets ausgeschlossen. Noch Dienstag versicherte sie zusammen mit dem französischen Präsidenten François Hollande, dass eine Einigung mit Griechenland möglich sei.
Ein Grexit wäre unter vier Voraussetzungen zu vermeiden, so der Journalist und Finanzexperte Wolfgang Münchau: ein Erlass der Schulden, die Refinanzierung des Bankensystems, echte Strukturreformen und ein Ende der aggressiven Sparpolitik. Doch dazu müssten Deutschland und die anderen Geldgeber bereit sein, schrieb er im «Spiegel».
Von rechts und links unter Druck
Doch diese Bereitschaft sinkt rasant. In ihrem eigenen Land steht die Kanzlerin zunehmend unter Druck. Dass ihr Finanzminister und Parteikollege Wolfgang Schäuble einen Grexit schon länger nicht mehr ausschliesst und dies auch so sagt, ist das eine. Vermehrt fordern aber auch linke Politiker ein Ende der Verhandlungen mit Griechenland.
So sagte etwa Sigmar Gabriel dem «Tagesspiegel», er sehe nach dem «Nein» der Griechen zum Spar- und Reformkurs kaum noch Chancen für einen Kompromiss mit der Regierung in Athen. Gabriel ist SPD-Parteivorsitzender, Wirtschaftsminister und Stellvertreter der Bundeskanzlerin.
Scharfe Presse gegen Griechenland – und Merkel
Dazu kommt der Druck von Seiten der Öffentlichkeit. Die deutsche Presse zieht schon länger gegen weitere Hilfen an Griechenland ins Feld – allen voran das Boulevardblatt «Bild». Dieses ignorierte die sichtlich härtere Gangart der Kanzlerin gegenüber Griechenland und titelte «Jetzt also doch: Merkel bietet Griechen neues Milliarden-Paket an».