Neue Berichte über Gräueltaten aus Syrien

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Gewalt und FolterNeue Berichte über Gräueltaten aus Syrien

Syrische Rebellen behaupten, Assads Armee habe in Kusair über 100 Menschen erschossen. Überprüfbar ist das nicht - im Gegensatz zu Foltervorwürfen eines Österreichers, der Narben präsentierte.

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Im syrischen Bürgerkrieg sollen neue Gräueltaten verübt worden sein. Mitglieder der Opposition warfen den Streitkräften von Präsident Baschar al-Assad vor, nach der Einnahme von Kussair in der vergangenen Woche mindestens 100 Menschen erschossen zu haben, die vor den Kämpfen geflüchtet seien. Die Stadt war von syrischen Soldaten und radikalen Schiiten der libanesischen Hisbollah-Miliz eingenommen worden.

Die oppositionelle Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, radikal-islamische Rebellen hätten in Aleppo einen 15-Jährigen vor den Augen seiner Eltern wegen Blasphemie erschossen. Die Angaben aus Syrien können nicht überprüft werden, weil unabhängige Medien kaum Zugang haben. Bei dem seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Bürgerkrieg sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 80'000 Menschen getötet worden.

Österreicher wurde gefoltert

Dass mit dem syrischen Staat nicht zu spassen ist, haben auch Ausländer erfahren müssen, die dem System in die Quere gekommen sind. 80 Doppelbürger und Prominente wurden am 4. Juni freigelassen – darunter auch Jamal Arabi, der einen österreichischen und einen syrischen Pass hat. Der 57-Jährige war bereits zum fünften Mal für die Hilfsorganisation «Human Relief» in dem krisengeschüttelten Land, als er am 17. Dezember in Aleppo im Haus seiner Schwester verhaftet wurde.

Der fünffache Grossvater wurde in eine sechs Quadratmeter grosse Zelle gesperrt, die er sich mit elf weiteren Männern teilen musste. Nicht nur der Platz war knapp, auch die Nahrung: Das Dutzend musste sich einen «kleinen Teller mit Bulgur und ein winziges Stück Brot» teilen, sagte Arabi dem Boulevardblatt «Krone». Und: Er sei gefoltert worden. Weil die Behörden glaubten, er habe die Rebellen unterstützt, sei er ausgepeitscht und mit Zigaretten verbrannt worden. «Die ersten 15 Tage in Haft waren die schlimmsten.»

«Wir mussten in Schichten schlafen

Der Doppelbürger unterschrieb ein achtseitiges Geständnis: «Ich habe bis heute keine Ahnung, was sie mir da unterstellten und was ich da unterzeichnet habe», so Arabi. «Ich dachte, ich sehe meine Familie nie wieder.» Später sei er in ein Gefängnis des Geheimdienstes in Damaskus gebracht worden, bevor er am 23. Februar in die 30 Kilometer entfernte «Adra»-Anstalt kam.

Dort war die Zelle nicht sechs, sondern 35 Quadratmeter gross - doch statt elf gesellten sich dort 101 Mithäftlinge dazu. «Wir mussten aus Platzmangel in Schichten schlafen, während 50 von uns standen, schlief der Rest von uns am Boden. Dicht aneinandergedrängt wie Sardinen in der Dose.» Am 4. Juni fand endlich sein Prozess wegen «Kontakts mit Terroristen» statt. Sein Geständnis sei erpresst worden, habe er dem Richter gesagt – und der habe ihn und 80 Leidensgenossen freigesprochen. Am 8. Juni konnte Arabi zurück nach Wien fliegen.

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